Die ganz großen Entscheidungen sind am Donnerstag im Rahmen der Außerordentlichen Hauptversammlung der Fußball-Bundesliga nicht zu erwarten. Dennoch geht es um Weichenstellungen, die Auswirkungen auf den Amateur-, Nachwuchs- und Frauen-Fußball und möglicherweise sogar auf alle Mannschafts-Sportarten in Österreich haben könnten. Anbei ein Überblick über die wichtigsten Fakten:

BUNDESLIGA-FORTSETZUNG: Die Oberhaus-Clubs sowie Cupfinalist Austria Lustenau befinden sich seit zwei Wochen im Kleingruppentraining, dürfen aber nicht vor 15. Mai ins Mannschaftstraining einsteigen. Vor einer Wiederaufnahme des Spielbetriebs, der mit dem Cup-Endspiel Salzburg gegen Lustenau starten würde, sind mindestens zwei Wochen Mannschaftstraining notwendig. Deshalb könnte der Neustart frühestens Ende Mai erfolgen. Bis 31. Juli müssten dann je zehn Runden in der Meister- und Qualifikationsgruppe, das drei Spiele umfassende Europa-League-Play-off und das Cupfinale ausgetragen werden.

WIRTSCHAFTLICHE FOLGEN: Die Finalisierung der Saison auf dem grünen Rasen würde den Bundesligisten kolportierte rund 13 Millionen Euro aus dem TV-Vertrag bringen. Demgegenüber stehen die Kosten für Corona-Tests oder der Wegfall der staatlichen Unterstützung durch Kurzarbeit. Im Endeffekt würden die Klubs wohl besser aussteigen, wenn die Saison zu Ende gespielt wird - sollte aber die Spielzeit wegen positiver Tests abgebrochen werden, entstünde ein beträchtliches Minus.

VORGABEN DES GESUNDHEITSMINISTERIUMS: Dabei handelt es sich um die größte Hürde auf dem Weg zum Comeback. Das Gesundheitsministerium schmetterte den Liga-Plan ab, im Falle eines positiven Tests nur den Betroffenen in Quarantäne zu stellen, und forderte stattdessen die Isolierung der kompletten Mannschaft und möglicherweise auch des Gegners für zwei Wochen. Dies wäre praktisch gleichbedeutend mit einem Meisterschafts-Ende. Auf der Hauptversammlung soll nun erörtert werden, wie man in dieser Angelegenheit einen Kompromiss mit dem Gesundheitsministerium finden könnte.

GEISTERSPIELE: Egal, ob die Saison abgebrochen oder fertig gespielt wird - Einnahmen für die Klubs aus Ticket- und Logen-Verkäufen, Kantinen-Geschäft etc. fallen weg. Das könnte auch in der kommenden Saison der Fall sein, denn die Zulassung von Publikum bei Fußball-Bundesliga-Spielen dürfte für die kommenden Monate unwahrscheinlich sein. Deshalb ist auch ein möglichst später Beginn der Spielzeit 2020/21 ein Thema, um so wenige Geisterspiele wie möglich absolvieren zu müssen.

AUFSTOCKUNG: Ried und Austria Klagenfurt, derzeit auf Platz eins und zwei der Tabelle der 2. Liga, stellten den Antrag auf Erweiterung der höchsten Liga von 12 auf 14 Klubs. Beide Aufstiegsaspiranten kündigten im Falle einer Ablehnung den Gerichtsweg an. Sollte der Antrag angenommen werden, hätte das weitreichende Folgen - zum Beispiel auf den Modus der Bundesliga, auf die 2. Liga, auf die Auf- und Abstiegsregelungen und auch auf den TV-Vertrag.

TV-VERTRAG: Der Kontrakt mit Hauptlizenznehmer Sky läuft noch bis einschließlich 2021/22 und bringt den Bundesligisten über 30 Millionen Euro jährlich. Bei einer Aufstockung und einer dadurch nötigen Format-Änderung hätte der Pay-TV-Sender angeblich das Recht, aus dem Vertrag auszusteigen. Dieses Thema steht am Donnerstag ebenso auf der Agenda wie die von einigen Seiten erhobene Forderung, Geisterspiele im Free-TV zu zeigen. Dabei müsste allerdings eine Einigung mit Sky erzielt werden.

2. LIGA: Während die Oberhaus-Klubs und Lustenau zumindest in Kleingruppen trainieren und alle Amateur-, Nachwuchs- und Frauen-Meisterschaften abgebrochen sind, befinden sich die Zweitligisten in einer paradoxen Situation: Sie dürfen nicht auf dem Rasen trainieren, ihre Meisterschaft ist aber noch nicht offiziell gestoppt. Bei der jüngsten Klubkonferenz verfehlte ein Antrag auf Abbruch die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit, allerdings sprachen sich 9 von 16 Vereinen für einen Stopp aus. Zuletzt einigte man sich am Montag auf einen Terminplan für die restliche Saison, wobei die Finanzierung nach wie vor ein gewaltiges Problem ist. Für die Zweitligisten würden sich Geisterspiele in den noch ausstehenden elf Runden nicht rentieren, weil sie keine TV-Einnahmen hätten, aber zusätzliche Kosten wegen Corona-Tests und Wegfall der Kurzarbeit stemmen müssten. Abgebrochen werden kann die 2. Liga nicht bei der Außerordentlichen Hauptversammlung, sondern frühestens bei der nächsten Klubkonferenz am 12. Mai.

LIZENZEN: Das relativ strenge Lizenzierungsverfahren, das über die Spielgenehmigungen für die kommende Saison entscheidet, wird auf der Hauptversammlung aufgeweicht. Die finanziellen Kriterien sollen ausgesetzt werden, wie auch die UEFA vorschlägt. Außerdem soll ein Verein, der während der Spielzeit in die Insolvenz schlittert, nicht mehr automatisch absteigen müssen. Mögliche Sanktionen wären stattdessen Punkteabzüge oder Budgetgrenzen bei Transfers.

AUFSICHTSRAT: Der Antrag, den Aufsichtsrat zumindest temporär um Vertreter von Rapid, Austria und eines Zweitligisten zu erweitern, scheiterte auf der vergangenen Klubkonferenz knapp. Ein neuerlicher Antrag wurde bisher nicht eingebracht, das kann aber noch unmittelbar vor der Hauptversammlung mit Zwei-Drittel-Mehrheit passieren. Hintergrund der angestrebten Erweiterung sind unter anderem Unstimmigkeiten über die Vehemenz, mit der man einen Neustart verfolgen sollte. So drängen etwa die Wiener Klubs, Salzburg und Sturm auf eine baldige Wiederaufnahme, dafür stehen Vereine wie der LASK, Admira und WSG Tirol eher auf der Bremse. Vertreter dieses Trios sitzen ebenso im Aufsichtsrat wie Mitarbeiter von Salzburg und Sturm.

STIMMVERTEILUNG: Stimmberechtigt bei der Versammlung sind alle Klubs der beiden obersten Ligen mit Ausnahme der Young Violets (Austria Amateure). Die zwölf Erstligisten haben insgesamt 60 Stimmen, die zweite Spielklasse verfügt über 32. Die Salzburger Kaderschmiede FC Liefering verzichtete zuletzt stets auf ihr Recht, der dem LASK nahestehende FC Juniors OÖ nicht. Die Stimmanteile aller nicht abstimmenden Klubs werden aliquot auf die anderen Vertreter verteilt. Für die Liga-Aufstockung, Adaptierungen der Auf- und Abstiegsregelungen, die Änderung der Lizenzkriterien oder die Erweiterung des Aufsichtsrats ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.