Was sich seit Monaten abgezeichnet hat, ist seit Sonntag Realität: Rapid hat es nicht geschafft, nach 22 Runden unter den Top sechs der Fußball-Bundesliga zu stehen und muss daher als Tabellenachter in der Qualifikationsgruppe weiterspielen. Selbst ein Kantersieg im Heimmatch gegen Hartberg hätte nicht gereicht, um noch über den Strich zu kommen.
Dass es gegen den Aufsteiger trotz eines 2:0-Vorsprungs nur zu einem 2:2 reichte, machte die Blamage noch bitterer. Die Anhänger veranstalteten erstmals seit dem Amtsantritt von Trainer Dietmar Kühbauer ein gellendes Pfeifkonzert, nach eindeutigen Gesten vom Block West verzichtete die Mannschaft auf eine Verabschiedung vor der Tribüne der organisierten Fanszene - die Stimmung im und rund um den Club erinnerte wieder leicht an jene im vergangenen Herbst.
Liga-Duelle mit der Austria, Red Bull Salzburg, Sturm Graz oder dem LASK sind bis zur kommenden Saison passe. Nun gilt es, gegen kleine Clubs die Saison halbwegs zu retten. Um noch in den Europacup zu kommen, müssen die Qualifikationsgruppe, in der man nach der Punktehalbierung einen Punkt hinter Mattersburg liegt, und anschließend die Play-offs gewonnen werden. Ein weiterer Weg ins internationale Geschäft wäre der Cup-Titel, allerdings wartet im Semifinale auswärts der formstarke LASK - angesichts der aktuellen Verfassung von Rapid eine äußerst schwer überwindbare Hürde.
Kühbauer zeigte sich dennoch kämpferisch und gab eine Garantie ab, dass Rapid die kommende Spielzeit nicht mehr in der Qualifikationsgruppe absolvieren werde. Den Grund für das Scheitern in dieser Saison sah der Ex-Teamspieler in den enttäuschenden Ergebnissen des Vorjahres. "Dass wir nicht im oberen Play-off sind, liegt nicht am Frühjahr. Wir haben es im Herbst verloren, wo wir die Doppelbelastung mit der Europa League nicht verkraftet haben."
Mittlerweile befinde sich die Mannschaft in einer besseren Verfassung. "Trotzdem muss es noch besser werden, und es wird auch besser werden", versprach Kühbauer. In den ausstehenden zehn Meisterschaftspartien werde daran gearbeitet, bessere Lösungen gegen defensiv eingestellte Gegner parat zu haben. "Wir müssen Möglichkeiten finden, sie zu bestrafen im Sinne von Toren."
Außerdem geht es laut Kühbauer für die Rapid-Profis in den nächsten Monaten darum, sich für die kommende Saison zu empfehlen und im körperlichen Bereich zu verbessern. Auch Thomas Murg vertrat mit Blick auf den Rückfall in der zweiten Hälfte die Meinung, dass es bei der Physis Nachholbedarf gebe. "Vielleicht ist es in der zweiten Hälfte auch an der Fitness gelegen, in diesem Bereich muss jeder noch mehr machen."
Die Pfiffe verwunderten den Torschützen zum zwischenzeitlichen 2:0 nicht. "Nach so einer zweiten Hälfte haben wir es nicht anders verdient." Ähnlich äußerte sich Kapitän Stefan Schwab. "Wenn man nach 22 Runden Achter ist, pfeifen die Fans zu Recht."
Rapid hat am Sonntag aber noch mehr verloren als die Gunst der Fans - das Verpassen der Meistergruppe dürfte sich unter anderem wegen ausbleibender Zuschauer und VIP-Gäste mit einem Minus im hohen sechsstelligen Bereich niederschlagen. Abgefedert wird der Verlust dadurch, dass die Spieler laut "Kurier" in dieser Saison keine Punkteprämien mehr bekommen. "Aber uns geht es nicht ums Geld. Uns geht es darum, wieder oben reinzukommen", betonte Schwab.
Dazu würde man eine Erfolgsserie benötigen, wie sie in dieser Saison bisher nie gelang. Nur ein einziges Mal - zum Frühjahrsauftakt - wurden zwei Liga-Siege in Folge gefeiert. Auch ein glücklicheres Händchen bei Transfers wäre gefragt: Von den neun Sommer-Zugängen standen gegen Hartberg mit Christoph Knasmüllner und Andrija Pavlovic lediglich zwei in der Startformation. Deni Alar, Mateo Barac und Marvin Potzmann schafften es nicht einmal in den Kader. Sport-Geschäftsführer Fredy Bickel, dessen neuer Vertrag noch nicht unterschrieben ist, dürfte in den kommenden Tagen Erklärungsbedarf haben.