Der SK Rapid entschied das 343. große Wiener Fußball-Derby gegen die Austria für sich. Die Hütteldorfer gewannen am Sonntag mit 2:1 (1:1) und setzten sich damit auch an die Spitze der Tabelle in der Fußball-Bundesliga. Doch das Sportliche trat schnell in den Hintergrund, denn nach Schlusspfiff eskalierte zum wiederholten Mal die Situation auf den Tribünen und zwischen den Fans. Unmittelbar nach Abpfiff stürmten Fans beider Lager den Platz, es flogen pyrotechnische und andere Gegenstände, vereinzelt kam es auch zu Handgreiflichkeiten. Mindestens eine Person dürfte dabei verletzt worden sein, angeblich war das ein Polizist. Ordner hatten die Situation nicht unter Kontrolle, die Polizei schritt mit der Sondereinheit WEGA relativ spät ein und postierte sich an der Mittellinie.
Die Spieler und Trainer hielten sich nach dem Spiel mit Statements zurück: „Ich habe eine Meinung, aber ich kann keine Lösungen präsentieren für solche Szenen“, meinte Rapid-Trainer Robert Klauß. Und auch Rapid-Kapitän Matthias Seidl meinte nur: „Zu diesen Szenen will ich gar nichts sagen. Aber klar bin ich gegen Schlägereien.“ Offen bleibt, ob nun auch endlich die Bundesliga einmal durchgreift. Rapid ist nach Vorfällen mit Pyrotechnik und Fans nach wie vor auf Bewährung, auch die Austria hat eine Vorgeschichte. Strafen für die Vereine werden aber nicht reichen: Es braucht endlich eine Handhabe gegen die Idioten, die sich nach den Spielen gebärden, als ob ihnen der Fußball, die Stadien und die Welt gehören würde. „Das ist natürlich nicht schön anzusehen“, meinte Rapid-Geschäftsführer Steffen Hoffmann, „man wird das aufarbeiten müssen. Aber wenn man sieht, was da in Richtung unseres Familiensektors geworfen wurde, dann die Reaktion. Wir werden uns morgen zusammensetzen müssen und das alles aufarbeiten müssen.“
Zurück zum Sportlichen, das lange Zeit vor einer durchaus imposanten Kulisse – abgesehen der einmal mehr verwendeten Pyrotechnik – durchaus interessant war. Dion Beljo (23.) brachte die Heimischen im ausverkauften Allianz Stadion per Kopf in Führung, Andreas Gruber (45.) glückte noch vor der Pause der Ausgleich. In der 60. Minute erzielte Rapid-Kapitän Matthias Seidl den Siegtreffer.
Nicht einmal sechs Sekunden dauerte es, bis der wieder fitte Guido Burgstaller den ersten Abschluss auf das violette Tor hatte. Austria-Goalie Samuel Sahin-Radlinger war bei dem flachen Roller jedoch rechtzeitig unten. Danach war die Austria für einige Minuten am Drücker, die Rapidler begünstigten das mit einigen unerzwungenen Ballverlusten. Tempo und Intensität waren in der Anfangsphase generell hoch. Ein Fernschuss von Maurice Malone in der 8. Minute links neben das Tor war die erste Annäherung.
Dann fand Rapid besser in die Partie, blieb jedoch ohne zwingende Möglichkeiten. Das Spiel drohte bereits ins Dahinplätschern abzugleiten, als in der 23. Minute das 1:0 fiel. Nach Auer-Flanke von links leitete Louis Schaub per Kopf ungewollt auf Beljo weiter, der mehr angeschossen wurde, als dass er einen kontrollierten Kopfball setzte. Nichtsdestotrotz passte der Ball genau, Sahin-Radlinger war geschlagen.
Die Austria wollte sofort eine Reaktion zeigen, doch bei beiden Teams fehlten die spielerischen Mittel und die notwendige Präzision. Wie oft im Derby ging es über den Kampf. Ein Kopfball von Malone (41.) flog über das Tor, eine Minute später flog der Deutsche selbst im Strafraum. Für einen Elfmeter reichte das in den Augen von Schiedsrichter Christian-Petru Chiochirca aber nicht. Die nächste Kombination der „Veilchen“ über Dominik Fitz und Malone führte allerdings zum Ziel: Malones scharfe Hereingabe von links verwertete Gruber in der Mitte direkt.
Nach der Pause sahen die gut 26.000 im Westen Wiens ein offenes Spiel – mit optischen Vorteilen für Rapid. Eine Beljo-Hereingabe segelte in der 52. Minute an Freund und Feind vorbei. Austria-Abwehrchef Aleksandar Dragovic musste in der 53. Minute offenbar wegen muskulären Problemen vom Platz, kurz danach traf Rapid zur Führung: Seidl erhielt im Strafraum mit dem Rücken zum Tor den Ball, verschaffte sich mit einer einfachen Drehung freie Schussbahn und traf.
Gegen Ende hin häuften sich die Chancen. Für die Austria schoss der auffällige Malone in der 72. Minute drüber, auf der anderen Seite kam Mamadou Sangare nach einer schönen Aktion über mehrere Stationen nicht mehr richtig an den Ball. Ein Schuss des eingewechselten Wurmbrand (75.) wurde wie ein Cvetkovic-Kopfball (76.) zur Ecke abgelenkt. Die größte Möglichkeit für Rapid resultierte in der 78. Minute aus einem Klärungsversuch von Matteo Perez Vinlöf, den Sahin-Radlinger gerade noch zu fassen bekam.
In der 81. Minute feierte der lang verletzte Stürmer Marko Raguz über zwei Jahre nach seinem Wechsel vom LASK zur Austria sein Profi-Debüt bei den Violetten, konnte dem Spiel aber keine Wendung mehr geben. Rapid brachte den 138. Derby-Sieg über die Zeit, war dem 3:1 sogar näher als der Gegner dem Ausgleich. Sahin-Radlinger wehrte den letzten Kopfball von Beljo ab..
All das aber wurde nach dem Schlusspfiff zur Nebensache. Wieder einmal.