Er ist mit seinen Mitstreitern gefürchtet im europäischen Fußball-Geschehen. Thomas Partl führt seit 2006 die Disziplinarkommission der UEFA als Vorstitzender. Bei sechs Europameisterschaften war der 74-Jährige bereits als "Herr über das Strafausmaß" im Einsatz. Auch bei der am 11. Juni beginnenden Europameisterschaft halten der pensionierte Richter und seine Kollegen wieder Gericht über Verfehlungen von Spielern, Schiedsrichtern, Fans und UEFA-Offiziellen. "Über letztere mussten wir nur in den seltensten Fällen urteilen", stellt Partl klar.
Er ist seit 25 Jahren der einzige Österreicher in diesem Gremium. Bei der bevorstehenden EM erwartet er "nicht mehr und nicht weniger Arbeit als bei den bisherigen Großereignissen". Gemeinsam mit vier Kollegenen aus der Kommission ist der Kärntner die ersten 14 Tage in Rom stationiert: "Wir werden uns täglich drei Spiele anschauen, aber unsere Eindrücke nicht in unsere Arbeit einfließen lassen, weil wir viel zu weit vom Geschehen sitzen werden." Nach den zwei Wochen übersiedelt der Troß nach London. "Ich hoffe, die Briten lassen uns einreisen."
Einvernahmen in Ausnahmefällen
Langweilig wird dem Team um Partl in den nächsten Tagen "sicher nicht. Wir erhalten täglich die Berichte der UEFA-Delegierten bei den Partien, von den UEFA-Schiedsrichterbeobachtern und den UEFA-Sicherheitsbeauftragten in den Stadien. Wir schauen uns nur die an, wo etwas vorgefallen ist. Daher ist täglich um 10 Uhr ein Meeting mit deN Kommissionsmitgliedern vereinbart. Sollte es Vorfälle geben, haben die Teams die Möglichkeit, sich zu äußern. In Ausnahmefälle führen wir auch Einvernahmen durch".
Während es bei einem Großereignis "ganz normal zugeht, so gab es in meiner Laufbahn doch einen Fall, der katastrophale Auswirkungen auf die EM hätte haben können. Beim Turnier in Frankreich randalierten die Fans von Russland und Kroatien so arg, dass den Nationen ein Ausschluss angedroht wurde. Zum Glück hat sich das Verhalten der Fans so weit gebessert, dass wir nicht zu diesem Mittel greifen mussten. Das hätte die gesamte EM durcheinander gewirbelt".
Joschi Kopp