Eine sanfte Herbstbrise wehte am Freitagnachmittag über die sonnige und von milden Temperaturen überzogene Bundeshauptstadt. Hinter der Glasfassade des Courtyard Hotels unweit des Wiener Praters, wo das ÖFB-Präsidium einen Steinwurf vom Stadion entfernt tagte, aber begann es sehr bald zu bröckeln. Denn durch den Seminarraum im ersten Stock fegte zwar kein Wirbelsturm, aber doch ein sehr frischer Wind in einer dem Vernehmen nach hitzigen Atmosphäre. „Es war aus meiner Sicht schwierig, aber gut“, betonte Präsident Klaus Mitterdorfer.
Das Gremium hatte sich versammelt, um die Rolle des Fußball-Bunds an sich neu zu definieren und wichtige Personalfragen zu klären. Die von Mitterdorfer eingebrachte Strukturreform wurde schließlich mit der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit angenommen, nur der Tiroler Landeschef Josef Geisler stimmte dagegen, dazu gab es zwei Enthaltungen aus Salzburg und Oberösterreich. „Es geht darum, dass die Strukturen schlanker werden“, meinte Mitterdorfer dazu im Anschluss.
Eine einfache Mehrheit genügte indes zur Trennung von der operativen Doppelspitze. Generalsekretär Thomas Hollerer und Wirtschafts-Geschäftsführer Bernhard Neuhold, deren Verhältnis in den vergangenen Jahren als erbitterte Gegnerschaft zutage trat. „Die Teamfähigkeit zwischen den beiden war nicht gegeben“, erklärte Mitterdorfer zu dieser seit Monaten schwelenden Diskussion. Beide hatten sich allerdings im Lauf der Jahre Verdienste erworben. Hollerer verfügt über beste internationale Kontakte, allen voran zu UEFA-Präsident Aleksander Čeferin. Ein Verbleib in anderer Funktion ist nicht ausgeschlossen.
Neuhold wiederum war im ÖFB erster Ansprechpartner für das Nationalteam. In einem an das Präsidium gerichteten Schreiben war darum gebeten worden, Neuhold nicht zu kündigen. Unterzeichnet worden war dieses Ersuchen von Teamchef Ralf Rangnick sowie dem Mannschaftsrat (David Alaba, Marko Arnautovic, Marcel Sabitzer, Konrad Laimer). Dazu stellte Mitterdorfer für die nahe Zukunft einen Teammanager in den Raum, der genau diese Aufgaben übernehmen würde.
Stärkung des Hauptamtes
Jedenfalls wird es nur noch einen übergeordneten CEO geben, als ein Favorit auf den Posten gilt der ebenfalls bei dem Meeting anwesende Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer. Eine Ebene tiefer agieren künftig ein Wirtschafts- sowie ein mit mehr Kompetenzen, aber auch mit größerer Verantwortung als bisher ausgestatteter Sport-Geschäftsführer. Der bisherige Sportdirektor Peter Schöttel soll in der neuen Amtsbezeichnung dem ÖFB erhalten bleiben. „Damit wird das Hauptamt gestärkt“, erklärte Mitterdorfer. Zahlreiche Beschlüsse bedurften bisher der Absegnung durch das Präsidium, das soll nicht mehr nötig sein, die Entscheidungsfindungen werden somit abgekürzt.
Vor dem sich am Ende über vier Stunden erstreckenden Sitzungsmarathon - es war längst dunkel geworden - waren Gerüchte in Umlauf gebracht worden, dass sich Mitterdorfer als ÖFB-Chef zurückziehen könnte. Diese bewahrheiteten sich jedoch nicht. Er selbst hatte einen solchen Schritt auf Nachfrage ohnehin schon vorher ausgeschlossen und es sei auch am Freitag für ihn nie ein Thema gewesen. Der 59-jährige Jurist, im Brotberuf stellvertretender Direktor der Kärntner Ärztekammer, steht seit Juli 2023 an der Spitze des Österreichischen Fußball-Bundes.
Mitterdorfer ließ Wiederkandidatur offen
Die vom Präsidium auf die Reise geschickte Reform muss noch am 18. Mai 2025 bei der nächsten Bundeshauptversammlung des ÖFB in Bregenz formell abgesegnet werden. Dann steht auch der Posten des Präsidenten wieder zur Disposition. Mitterdorfer selbst ließ eine Wiederkandidatur am Freitag offen. Ob der amtierende Fußball-Boss im kommenden Jahr mit Gegenwind in Gestalt eines Mitbewerbers zu rechnen hat, wird sich erst weisen. Regelmäßig taucht in diesem Zusammenhang der Name des schon 2021 Mitterdorfers Vorvorgänger Gerhard Milletich knapp unterlegenen Unternehmers Roland Schmid auf.