In diesen Wintertagen fällt die Temperatur in Barcelona auch nachts nur selten unter zehn Grad. Trotzdem zittern angeblich viele Fußballprofis beim FC Barcelona. Schuld sind demnach Berichte über eine Finanzkrise von bisher ungeahntem Ausmaß im Club. "In der Umkleidekabine herrscht Angst vor der Zukunft", titelte am Mittwoch die Fachzeitung "Sport". Gibt es bald kein Geld mehr für die zum Teil astronomischen Gehälter oder teure Transfers, um die sportliche Krise zu meistern?
Dazu scheint der Finanznotstand Torgarant und Club-Ikone Lionel Messi endgültig in fremde Arme zu treiben. Der bald 34-jährige Argentinier hatte ja schon im Sommer einen (gescheiterten) Abwanderungsversuch gestartet. Nun gibt es keine Hindernisse mehr: Sein Vertrag läuft im Juni aus, seit Jahresbeginn darf er mit anderen Clubs verhandeln. Viel deutet darauf hin, dass eine der längsten und erfolgreichsten "Ehen" des Fußballs nach gut 20 Jahren enden dürfte. Und es verdichten sich die Hinweise, dass Paris Saint-Germain (PSG) den Zuschlag bekommen könnte.
Ein enger Freund Messis im Team des französischen Meisters, Nationalteam-Kollege Leandro Paredes, verriet dieser Tage: "PSG versucht, Messi zu überreden." Der sechsfache Weltfußballer, seine Frau Antonella und die drei kleinen Söhne Thiago (8), Mateo (5) und Ciro (knapp 3 Jahre alt) lernten bereits Französisch, will der TV-Sender "Canal+" erfahren haben. Paris-Sportdirektor Leonardo wollte keine Gespräche bestätigen, der Brasilianer gab aber zu: "Große Spieler wie Messi stehen immer auf der Liste von PSG."
Doch wie wahrscheinlich ist ein Wechsel des Südamerikaners nach Paris? Im vorigen Sommer hatte es ja noch geheißen, Manchester City mit Trainer Pep Guardiola, unter dessen Ägide der Profi in Barcelona wohl seine glanzvollste Zeit erlebte, sei Messis Lieblingsziel. Das mag damals so gewesen sein. Doch inzwischen hat sich einiges geändert: Paris hat den deutschen Trainer Thomas Tuchel vor die Tür gesetzt und den Argentinier Mauricio Pochettino als Nachfolger verpflichtet.
Der neue Coach ist indes nicht nur Landsmann von Messi. Wichtiger noch: Der frühere Team-Verteidiger und Ex-Trainer von Southampton und Tottenham Hotspur ist auch ein Gewächs und fanatischer Anhänger von Newell's Old Boys aus Rosario. Das ist auch Messis Stamm- und Herzensclub. Die Pariser Zeitung "Le Parisien" schrieb bereits vor der Verpflichtung Pochettinos, die Scheichs aus Katar, die bei PSG seit 2011 das Sagen haben, wollten den Argentinier vor allem wegen dessen guten Beziehungen zu Messi engagieren.
Die Südamerika-Connection wird in Paris zudem immer größer. Viele sind enge Freunde Messis, wie der Brasilianer Neymar, der mit "La Pulga" ("Floh") 2015 mit Barca die Champions League holte und immer wieder kundtut, er wolle wieder an der Seite von Messi auf Torejagd gehen. Neben Paredes kicken bei PSG außerdem weitere Argentinier wie Angel di Maria und Mauro Icardi.
Paris Saint-Germain wäre einer der wenigen Clubs, die sich Messis enormes Jahresgehalt auch in Zeiten der Coronakrise wirklich leisten könnten. Barcelona hat dagegen, wie jetzt enthüllt wurde, horrende Schulden von 1,17 Milliarden Euro. Der Konkurs droht. Der Club verhandelt mit den Profis über einen Gehaltsverzicht von insgesamt 190 Millionen Euro.
Am Camp Nou geht es unterdessen nicht nur finanziell drunter und drüber. Sportlich geht es auch steil bergab. Die Königsklasse wurde zuletzt 2015 gewonnen. Seitdem gab es in Europa viele heftige Pleiten gegen AS Roma, Liverpool und zuletzt das historische 2:8 gegen die Bayern im Champions-League-Viertelfinale. Zurzeit hat man nicht einmal einen echten Präsidenten. Nach dem Rücktritt von Josep Bartomeu im Oktober soll erst am 7. März ein neuer Boss gewählt werden. "Ich bin pessimistisch, Messi geht Mitte des Jahres weg", sagte Kandidat Agusti Benedito.
Wenn seine aktuellen Club-Kollegen Messi davon überzeugen wollen, dass er in Barcelona bessere Aussichten als in Paris hat, dann haben sie bald eine gute und wohl letzte Gelegenheit: Durch ein Weiterkommen in der Champions League. Im Achtelfinale heißt der Gegner nämlich PSG.