Im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten bei der Einbürgerung des russischen Milliardärs Roman Abramowitsch und anderer Juden ist in Portugal der Oberrabbiner von Porto festgenommen worden. Der Geistliche sei bereits am Donnerstag verhaftet worden, berichteten die staatliche Nachrichtenagentur Lusa und andere Medien am Samstag unter Berufung auf die zuständigen Behörden.
Der Verdächtige habe vorgehabt, Portugal zu verlassen und nach Israel zu fliegen, hieß es. Der Geistliche sei am Samstag zwei Stunden lang verhört worden, zitierte die Agentur Lusa Kreise der jüdischen Gemeinde von Porto. Ihm sei zudem der Reisepass abgenommen worden. Der Oberrabbiner werde wohl demnächst unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt werden, hieß es.
Der Festgenommene hatte unter anderem im vergangenen Jahr die Einbürgerung von Abramowitsch gebilligt. Zur Einbürgerung muss der Antragsteller mit verschiedenen Dokumenten in Portugal nachweisen, dass er Nachfahre eines vertriebenen Juden ist. Der Oberrabbiner wird unter anderem im Fall von Abramowitsch verdächtigt, solche Nachweise illegal ausgestellt zu haben.
Abramowitsch ist unter anderem Inhaber des englischen Fußball-Erstligisten FC Chelsea und besitzt neben der russischen und der portugiesischen auch die israelische Staatsbürgerschaft. Erst am Donnerstag waren in England vor dem Hintergrund der russischen Invasion in die Ukraine Sanktionen gegen den 55 Jahre alten Oligarchen verhängt worden.
Die Ermittlungen der portugiesischen Justiz richten sich nach dem Bericht von Lusa nicht nur gegen den festgenommenen Oberrabbiner, sondern auch gegen andere Angehörige der Israelitischen Gemeinde von Porto (CIP). Es geht dabei um Straftaten wie Einflussnahme, Bestechung, Korruption, Urkundenfälschung, Geldwäsche, Steuerbetrug sowie Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Kriminalpolizei Portugals hatte im Jänner die Einleitung von Ermittlungen in dieser Sache bekannt gegeben. Die CIP bestreitet die Vorwürfe.
Portugal und auch Spanien bieten den Nachfahren der im 15. und 16. Jahrhundert von der iberischen Halbinsel vertriebenen sephardischen Juden seit einigen Jahren die Möglichkeit, die Staatsbürgerschaft dieser beiden Länder zu beantragen – egal in welchen Ländern sie leben. Die Sepharden müssen bei ihrer Einbürgerung nicht auf ihre bisherige Staatsangehörigkeit verzichten. Davon machten sowohl in Spanien als auch in Portugal nach amtlichen Angaben auch sehr viele Russen Gebrauch.