Es heißt, ein Fußballspiel dauert 90 Minuten, doch die Wahrheit liegt auf dem Platz und liefert völlig andere Daten. Das Europa-League-Finale der Unbesiegten zwischen dem FC Sevilla und der AS Roma überschritt die Grenzen jeglicher Zeittoleranz und führte während der bis aufs Äußerste ausgereizten Spieldauer trotzdem zu keinem brauchbaren Ergebnis. Nach unglaublichen 147 Minuten stand es nur 1:1, erst in der Stehpartie, also dem Elfmeterschießen, konnte ein Sieger ermittelt werden. Und es waren die Andalusier, die ihre Serie prolongierten, denn sie gewannen das Wettschießen vom Punkt mit 4:1 und entschieden damit auch das siebente Finale für sich.
Roma-Trainer José Mourinho blieb der sechste Titel und damit der alleinige Rekord versagt, erstmals verlor er ein Endspiel. Die Römer verpassten damit nach dem Gewinn der Conference League im Vorjahr nicht nur den Sieg in der Europa League, sondern auch die Teilnahme an der Champions League. Diese Ehre darf Sevilla für sich in Anspruch nehmen.
Fußball ist ein Laufsport. Die beiden Mannschaften waren ehrlich bemüht, dieser These gerecht zu werden, aber je länger das Match dauerte, desto häufiger kam die Partie zum Erliegen, weil sich die Spieler reihenweise in die Horizontale begaben. Zahlreiche Fouls sorgten für Verletzungsunterbrechungen, aber irgendwann waren diese von bloßen Ermüdungserscheinungen nicht mehr zu unterscheiden.
Mancini hatte bei beiden Toren seine Beine im Spiel
Zuvor, als Budapest noch ein Fußballspiel sah, versuchte der grandiose Taktiker Mourinho, alle Register seines Repertoires zu ziehen. Zunächst wählte die Mannschaft die Offensiv-Option und stand damit im krassen Gegensatz zum Halbfinalrückspiel gegen Leverkusen. Die Römer beherrschten die erste Spielhälfte und brachten dies schließlich auch resultatmäßig zum Ausdruck. Gianluca Mancini setzte mit einem wie gezeichneten Pass Paulo Dybala ein, der den Ball zur 1:0-Führung versenkte. Sevilla meldete sich erst spät, dann allerdings mit einem Warnschuss von Ivan Rakitić an die Innenstange.
Die Andalusier gingen nach der Pause zum Angriff über, was sich bezahlt machte, weil just Torvorbereiter Mancini den Ball nach einer Hereingabe ins eigene Gehäuse ablenkte (55.). Es war jedoch ein erzwungener Ausgleich der Mannschaft von José Luis Mendilibar, der mit seinem Gegenüber zwar beim Promifaktor nicht mithalten kann, ihm auf dem Feld aber Paroli bot. Eine Elferentscheidung für Sevilla nahm der englische Referee nach Videostudium zurück, es wurde der Ball gespielt. Bei einem klaren Handspiel im Sevilla-Strafraum reklamierte Roma vergebens Elfer. Dann begannen die Stopp-Phasen, die Verlängerung erstreckte sich über 44 Minuten. In der (offiziell) 131. Minute trafen die Römer die Querlatte, dann war Schluss, aber das Ende folgte noch.
Als Mancini an Bono scheiterte, schlug das Pendel in Richtung Sevilla aus, dann traf Roger Ibañez die Stange. Die Spanier trafen bis auf Gonzalo Montiel, doch der durfte wiederholen, Rui Patricio hatte sich zu früh bewegt. Dann war es vorbei.