Kurz vor Mitternacht zeigte das Thermometer in Sevilla noch 28 Grad Celsius an. Bei den 50.000 Frankfurt-Fans beim Public Viewing in Deutschland sowie den knapp 20.000 Eintracht-Anhängern in Spanien stieg die Temperatur aber noch um einige Grad an. Rafael Borre verwandelte den fünften und entscheidenden Elfmeter für den deutschen Bundesligisten zum 6:5 nach Elfmeterschießen und bescherte dem Klub so den ersten Europapokal-Titel seit 1980.
Zuvor war das Endspiel der Europa League zwischen den Deutschen und den Glasgow Rangers hart umkämpft – aber wenig spektakulär. Schon nach fünf Minuten musste die Mannschaft von Trainer Oliver Glasner – der als erster österreichischer Trainer seit Ernst Happel 1983 einen internationalen Titel gewann – um Kapitän Sebastian Rode zittern. Blutüberströmt ging der Mittelfeldspieler mit einer Platzwunde am Kopf zu Boden, konnte aber weiterspielen.
Die Frankfurter, denen auch die ÖFB-Teamspielerinnen Verena Hanshaw, Barbara Dunst, Laura Feiersinger und Virginia Kirchberger gemeinsam mit der gesamten Frauen-Mannschaft der Eintracht live im Stadion die Daumen drückten, hatten mehr vom Spiel. Auch zu Beginn des zweiten Durchgangs waren es die Deutschen, die offensiv mehr Akzente setzten. Den ersten Treffer erzielte aber der schottische Rekordmeister.
Djibril Sow verlängerte den Ball in der 57. Minute unglücklich Richtung eigenes Tor – Frankfurts Abwehrspieler Tuta rutschte aus, Joe Aribo hatte plötzlich freie Bahn und ließ Eintracht-Tormann Kevin Trapp mit einem Flachschuss keine Abwehrchance. Zu allem Überfluss verletzte sich Tuta bei dieser Aktion auch noch und musste unmittelbar danach ausgewechselt werden. Abwehrchef Martin Hinteregger verfolgte das Geschehen verletzungsbedingt nur als Zuschauer. In der 69. Minute jubelten die Frankfurt-Fans im Stadion dann doch: Borre drückte einen scharfen Stanglpass aus kurzer Distanz ins Netz. Und dann? Weiterhin Frankfurt mit leichten Vorteilen, aber ohne Entscheidung nach 90 bzw. 120 Minuten. Im Elfmeterschießen stand neben der physischen auch die psychische Komponente am Prüfstand.
Bei der Eintracht behielten alle Spieler die Nerven, Tormann Kevin Trapp, der am Ende der Verlängerung mit einer Glanztat zur Stelle gewesen war, parierte den Strafstoß von Aaron Ramsey und Borre versenkte danach zum Titelgewinn. „Es war ein unfassbar schwieriges Spiel. Wie liegen 0:1 hinten, machen aber weiter, als wäre nichts gewesen. Das zeichnet uns aus. Es ist einfach unfassbar, dass wir das geholt haben“, sagte Trapp. Mit dem Europa-League-Titel hat sich Frankfurt auch erstmals in der Klubgeschichte für die Champions League qualifiziert. „Wir haben uns das so verdient. Aber an die Champions League denken wir noch nicht. Jetzt wollen wir erstmals feiern“, gab Rode die Marschroute für die Nacht vor.