Als Donnerstagnacht Tausende Fans in Weiß die Tribünen des ehrwürdigen Camp Nou zum Beben brachten, hätte man meinen können, Real Madrid hätte soeben die spanische Meisterschaft im Stadion des größten Rivalen gefeiert. In Wahrheit waren es die Anhänger Eintracht Frankfurts, die soeben ein Spiel für die Ewigkeit hautnah miterlebt hatten.
Die Hessen dominierten im Viertelfinal-Rückspiel der Europa League den FC Barcelona sowohl sportlich auf dem Feld als auch in Sachen Atmosphäre und Lautstärke auf den Rängen. 30.000 Schlachtenbummler hatten den Weg aus Deutschland nach Spanien angetreten und hüllten schon untertags – ganz provokant an das "Weiße Ballett" angelehnt – in, richtig, Weiß.
Und die von Oliver Glasner trainierte Mannschaft hatte absolut keine Absicht, die Party der mitgereisten Fans zu crashen. Unter kräftiger Mithilfe von Eric Garcia, der sich am zweiten Bildungsweg Ringer versuchte, brachte Filip Kostić die Adler schon früh per Elfmeter in Front (4.). Rafael Borre legte noch in Hälfte eins mit einem Prachttreffer aus 20 Metern nach und stellte im Gesamtscore auf 3:1 (36.).
Noch einmal Kostić sorgte nach dem Seitenwechsel schließlich für die Vorentscheidung (67.), da half es auch nicht, dass es in einer elfminütigen Nachspielzeit durch Treffer von Sergio Busquets (90.+1) und Memphis Depay (90.+11/Elfmeter) noch einmal richtig turbulent wurde. Frankfurts Evan N'Dicka sah für das Foul vor dem Strafstoß auch noch Gelb-Rot. Am Ende bleibt stehen, dass der große FC Barcelona in dieser Saison wohl titellos bleibt.
"Es ist eine große Enttäuschung, aber so ist Fußball", sagte Barça-Coach Xavi nach der Partie. "Frankfurt war in Hälfte eins etwas besser, hat viele Konter gefahren und die Kontrolle über das Spiel erlangt. In der zweiten haben wir ein wenig besser gespielt, aber nicht gut genug. Gratulation an Frankfurt." Diese nahm sein Pendant Glasner wohl gerne an: "Es war außergewöhnlich gut, was wir heute geleistet haben", sagte der Salzburger, der diesmal eine Ehrenrunde mit der Mannschaft mitdrehte, um "die Emotionen aufzusaugen". "Die Spieler haben es unglaublich gut gemacht, haben alles umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben. Es ist ein Wahnsinn, was hier abgegangen ist, das war ein unvergesslicher Abend für alle, die dabei waren."
Mit Abwehrchef Martin Hinteregger brachten die Gäste den Sieg schließlich über die Zeit. "Wir alle haben einmal das 6:1 von Barça gegen PSG geschaut, es war klar, dass es noch einmal gefährlich wird", sagte der ÖFB-Legionär. "Mental bin ich komplett kaputt, wenn es noch fünf Minuten länger gedauert hätte, wäre es eng geworden." Wurde es aber nicht, und so nahm der Jubel nach Schlusspfiff lange kein Ende. Auch "Hinti, Hinti"-Sprechchöre tönten durch das Stadion. "In Frankfurt bin ich das schon gewöhnt, aber dass das einmal im Camp Nou passiert, ist ein Wahnsinn", war Hinteregger völlig perplex. "Es ist brutal, was wir abgeliefert haben, es hat sich von Anfang an wie ein Heimspiel angefühlt."