Nach 21 Jahren steht am Freitag (21.00 Uhr/live Puls 4) mit Inter Mailand erstmals wieder ein italienischer Club im Endspiel der Europa League. Auch gegen den fünffachen EL-Sieger FC Sevilla geht man als Favorit in die Partie von Köln, der Weg war gepflastert mit starken Leistungen und Rekorden. "Rekorde zu brechen ist schön. Aber wir sind hier, um zu gewinnen", sagte Torjäger Romelu Lukaku.

Mit seinem Doppelpack beim 5:0-Halbfinaltriumph über Schachtar Donezk baute der Belgier seine Bestmarke aus. Er ist der erste Spieler, der in zehn aufeinanderfolgenden EL-Spielen traf. Mit ihm, seinem kongenialen und ebenfalls zweimal erfolgreichen Sturmpartner Lautaro Martinez und einer eisernen Defensive um Routinier Diego Godin scheint Inter kaum zu stoppen.

Dieses Inter sei "ein Wunder" und "der Perfektion nahe", schrieb die "Gazzetta dello Sport" am Dienstag. Der "Corriere della Sera" urteilte: "Auf diesem Niveau hat Inter nur wenige echte Gegner." Sogar Trainer Antonio Conte wurde überschwänglich. "Die Spieler verdienen jedes Lob", sagte er: "Donezk hat nicht schlecht gespielt. Aber wir haben so gespielt, dass sie wie eine durchschnittliche Mannschaft aussahen."

Nie zuvor gab es in einem EL-Halbfinale oder auch des Vorgänger-Wettbewerbs UEFA-Cup einen solch deutlichen Sieg. Und das, obwohl es normalerweise Hin- und Rückspiele gab. Schon durch den Final-Einzug sorgte Inter für Erleichterung in Italien. Denn die Serie A wartet nicht nur seit 1999 auf einen Erfolg im kleinen Europacup. Seit Parmas letztem Erfolg vor 21 Jahren stand überhaupt kein italienischer Club mehr im Finale, nachdem es zwischen 1989 und 1999 vier italienische Endspiele und nur einmal ein Finale ohne italienische Beteiligung gegeben hatte.

"Wir wollen den Pokal zurück nach Italien bringen", betonte Conte, der höchstes Lob von seinem Konterpart bei Sevilla erhielt. "Sie spielen auf einem großartigen Niveau. Es ist ein Team, das für die Champions League gemacht ist und nur einen Punkt hinter Juventus (Italiens Meister, Anm.) landete. Sie haben herausragende Spieler und einen erfahrenen Trainer", erklärte Julen Lopetegui.

Für den 53-Jährigen ist das Duell auch eine große Chance. Bei Spaniens Nationalmannschaft wurde er 2018 noch vor dem ersten WM-Spiel entlassen, weil er seinen Wechsel zu Real Madrid angekündigt hatte. Und die Königlichen trennten sich von ihm dann schon im Oktober nach zehn Runden. Neun Monate später übernahm Lopetegui Sevilla, am Ende seiner ersten Saison steht er mit den Andalusiern prompt wieder im Finale ihres Spezial-Wettbewerbs, in dem sie noch keine Endspiel-Niederlage erlitten. Zudem geht Sevilla mit dem Selbstvertrauen von zuletzt 20 Pflichtspielen ohne Niederlage ins Finale.

Die Andalusier, in einer heimischen Liga mit dem FC Barcelona, Real Madrid und Atletico Madrid quasi ohne Meisterchance, haben den Wettbewerb als ihre Nische und Lieblings-Disziplin auserkoren. "Man sollte überlegen, diesen Wettbewerb umzutaufen und Sevilla League zu nennen. Denn in der Europa League gelten nicht die Gesetze des Fußballs, hier gelten die Regeln des FC Sevilla", schrieb die Fachzeitung "AS".

In einer Saison, in der die Primera Division erstmals seit 13 Jahren nicht im Champions-League-Halbfinale vertreten war - weil Real schon im Achtelfinale scheiterte, Barca sich mit 2:8 vom FC Bayern demütigen ließ und Atletico gegen RB Leipzig ausschied - sind plötzlich alle Augen auf Sevilla gerichtet. Die "Marca" bezeichnete das Team zuletzt denn auch als "Stolz Spaniens".