"Die Stadt wird brennen", versprach Torschütze Julian Brandt. Nicht nur die Spieler, auch die Fans sehnen das Ende einer langen Durststrecke herbei, 2012 war der Klub letztmals als Champion über die Ziellinie gegangen.
"Deutscher Meister wird nur der BVB", sangen die zahlreich mitgereisten Auswärtsfans im Stadion. In einer ganzen Region ist dank des Vorstoßes an die Tabellenspitze vor der letzten Runde eine Megaeuphorie zu spüren. "Es wird Zeit", sagte BVB-Tormann Gregor Kobel über die sich anbahnende Wachablöse im deutschen Oberhaus. 2012 hieß der Meister letztmals nicht Bayern München. Der Serienchampion steht vor dem Gastspiel in Köln mit einem Rückstand von zwei Punkten da. Da die Münchner das um 14 Treffer bessere Torverhältnis haben, würden sie bei Punktegleichheit die Nase vorne haben.
Auch deshalb waren die BVB-Verantwortlichen noch größtenteils bemüht, den Ball flach zu halten. "Ich möchte die Euphorie nicht bremsen, aber wir haben noch eine Partie zu spielen", warnte Sportdirektor Sebastian Kehl. Der 43-Jährige wurde selbst dreimal als Spieler Meister, kennt also die Situation. "Ich weiß, was jetzt in den Jungs los ist. Ich weiß, wie groß der Druck von außen jetzt sein wird", sagte Kehl. Es gelte jetzt, die richtige Balance zwischen Euphorie und Konzentration zu finden.
Laut Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gelte es, noch eine Woche durchzuziehen. "Ohne Rücksicht auf Verluste", betonte der 63-jährige Deutsche. Der Dortmunder Borsigplatz wappnet sich für eine ultimative Meisterparty, die im Winter wohl niemand mehr für möglich gehalten hätte. "Wenn wir im Jänner in Marbella das prophezeit hätten, dass wir am 33. Spieltag mit zwei Punkten Vorsprung Tabellenführer sind, hättet ihr uns für bescheuert erklärt", sagte Watzke lachend zu Journalisten.
Im November hatte der Rückstand auf den Münchner Rekordsieger sogar einmal neun Punkte betragen. Dann begannen die Bayern zu patzen, und der BVB legte eine furiose Rückrunde mit bisher nur einer Niederlage hin. "Diese Position haben wir uns erarbeitet. Jetzt freuen wir uns aufs Finale. Da sind zu Hause 81.000, die entsprechend aus dem Häuschen sein werden", prognostizierte Watzke. Coach Edin Terzić forderte den Anhang auf, so laut zu sein wie nie zuvor. "Wir verspüren den riesigen Wunsch und den riesigen Willen, diesen Moment gemeinsam, in dieser Gruppe, mit unseren Fans, in unserem Stadion, zu erleben und dann alles dafür zu tun, endlich die Meisterschale wieder nach Dortmund zu holen", sagte der 40-Jährige.
Ein besonderer Triumph wäre es auch für Sebastien Haller, der nach seiner Hodenkrebs-Diagnose samt folgender Chemotherapien und zwei Operationen im Jänner sein Comeback gegeben hatte. Am Sonntag war er mit einem Doppelpack und seinen Saisontoren acht und neun maßgeblich am Sieg beteiligt. "Wenn mir vor sechs Monaten jemand gesagt hätte, dass ich in dieser Situation bin, hätte ich es nicht geglaubt", sagte der ivorische Teamstürmer. Terzić zeigte sich beeindruckt von seinem Matchwinner. "Wir hoffen, dass er der Held der Saison wird", so der BVB-Coach.
Haller selbst verschwendete nach dem Sieg über Augsburg keinen Gedanken an eine Party. "Ich denke nur an das Spiel gegen Mainz", betonte der 28-Jährige. Auch Goalie Gregor Kobel kann das Saisonfinale nicht mehr erwarten. "Wir müssen einfach unseren Job erledigen und diese Energie von heute mitnehmen", befand der Schweizer. Die Liga rechnet auch mit einem Dortmunder Titelgewinn, die Original-Meisterschale wird im Stadion in Dortmund sein. Das sei die normale Vorgehensweise, die sich nach der Tabelle ergebe, gab die Liga am Montag bekannt.
Der Erfolgslauf der Dortmunder wirkte sich übrigens auch bei den Anlegern aus. Die Papiere des Klubs sprangen am Montag im frühen Handel um über zwölf Prozent an. Erstmals seit November 2021 kosten die Anteilsscheine der Dortmunder wieder über fünf Euro.