Thomas Tuchel ist erfahren genug, um zu wissen, worauf er sich mit dem Job beim FC Bayern eingelassen hat. Der neue Trainer der Münchner blieb angesichts des 4:2-Erfolgs im Spitzenspiel gegen Dortmund sachlich, jubelte bei den Toren dezent bis gar nicht („Das gehört sich nicht bei einem Tormannfehler“) und stellte nach der Rückkehr an die Tabellenspitze fest, dass noch „viel Luft nach oben“ sei. Damit meinte er auch die Nachlässigkeiten in der Endphase mit zwei Gegentoren. Außerdem sei er gedanklich in erster Linie noch damit beschäftigt gewesen, „zu beobachten und zu überlegen, was wir wo und wie besser machen können“.
Der Wechsel auf der Bank mag vollzogen sein, für die Öffentlichkeit, das Umfeld und wohl auch für viele Beteiligte ist er es, vor allem in mentaler Hinsicht, noch nicht. Einige Veränderungen waren auf dem Feld zu erkennen, etwa eine stärkere Neigung zur Defensive als unter Julian Nagelsmann. Der Vorgänger beschäftigte am Rande der Partie noch immer die diversen Diskutanten.
Wo ist die Wahrheit?
Sky-Analytiker Lothar Matthäus und Bayern-Boss Oliver Kahn gerieten schon vor dem Match vor laufender Kamera heftig aneinander. Matthäus hatte den Vorwurf erhoben, das „Mia-san-mia“-Gefühl sei dem Klub abhandengekommen, sein einstiger Teamkollege sprach ihn darauf an, das verbale Duell nahm an Schärfe zu. Später legte Matthäus nach und bezichtigte Kahn der Lüge. Nagelsmann sei nicht rechtzeitig, also vor den Medien, von seiner Ablöse informiert worden. Kahn bestreitet das. „Wir haben zu jeder Zeit die Wahrheit gesagt.“
Tuchel klammert den Umstand des Blitz-Überraschungsmoments des Trainertauschs gar nicht aus, sondern kombiniert dies routiniert mit den sportlichen Aussagen und sogar einer kleinen Dosis Schmäh. „Plötzlich stand ich in der Arena und war Trainer für den FC Bayern“, erklärte Tuchel, der auch eingestand, „sehr nervös“ gewesen zu sein. „Ich weiß gar nicht, warum.“ Von seiner Mannschaft hätte er sich nach der 3:0-Führung nach nur 23 Minuten mehr Dominanz und Ruhe erwartet, aber ein Faktum lässt Tuchel getrost nach vorne blicken. „Alle Dinge, die man sich als Trainer wünscht, sind da.“ Schon am Dienstag folgt das Heimspiel im Pokal-Viertelfinale gegen Freiburg.