Einen Vorgang wie jenen, der sich am Samstag in der 86. Minute der Partie zwischen Freiburg und dem FC Bayern zutrug, hat es in der Geschichte der deutschen Bundesliga bisher noch nicht gegeben. Es handelt sich also um einen Präzedenzfall. Für ungefähr 20 Sekunden war bei den Bayern ein zwölfter Mann auf dem Platz. Die Bayern siegten 4:1, ob das Ergebnis bestehen bleibt, ist vorerst noch offen. Freiburg prüft einen Einspruch.

Das Spiel geht in die Endphase, die Bayern zeigen zwei Wechsel an. Anstelle von Corentin Tolisso kommt Niklas Süle ins Spiel, außerdem hält Bayerns Teammanagerin Kathleen Krüger die Tafel hoch, die Rückennummer 29 leuchtet auf. Doch kein weiterer Spieler verlässt den Platz, dafür kommt Marcel Sabitzer als nunmehr zwölfter Mann.

Die Schuldfrage

Kingsley Coman hätte gehen müssen, doch der trägt mittlerweile die Nummer 11, die Nummer 29 gibt es derzeit beim FC Bayern nicht, also fühlte sich klarerweise niemand angesprochen. Schiedsrichter Christian Dingert fiel die Überzahl bei den Gästen nicht auf, das Spiel wurde fortgesetzt. Doch nach nicht einmal einer halben Minute machte Freiburg-Verteidiger Nico Schlotterbeck, Innenverteidiger-Kollege von Philipp Lienhart, den Referee auf das Missverhältnis aufmerksam. Acht Minuten lang wurde diskutiert, Coman trat ab, Sabitzer blieb und das Match ging mit einem Schiedsrichterball in die Fortsetzung.

Eigentlich hätte der Unparteiische Sabitzer erst die Erlaubnis zum Betreten des Platzes geben dürfen, nachdem ein anderer Spieler das Feld verlassen hat. Denn der Schiedsrichter ist für die Einhaltung der Regeln zuständig, diese besagt, dass maximal elf Spieler gestattet sind. Die Übersichtsproblematik ergibt sich auch aus dem Umstand, dass ein Spieler den Platz auf dem kürzesten Weg verlassen muss, das kann auch hinter dem Rücken des Spielleiters geschehen.

Jedenfalls war Sabitzer für diesen Zeitraum nicht einsatzberechtigt und hier steht der Klub, also der FC Bayern in der Verantwortung. "War ein Spieler in einem Spiel nicht spiel- oder einsatzberechtigt, so ist das Spiel für die Mannschaft, die diesen Spieler schuldhaft eingesetzt hatte, mit 0:2 verloren zu werten", heißt es in den Bestimmungen. Die Schuldfrage ist also derzeit nicht eindeutig zu klären. 

Die Folgen

Was nun geschieht, ist noch offen. Freiburg-Trainer Christian Streich meinte nach dem Match, dies müsste vom Regelwerk erledigt werden. Doch dem ist nicht so. Der SC Freiburg müsste Einspruch erheben, dann würde das Sportgericht des DFB aktiv werden. Verzichtet der Klub darauf, bleibt das Ergebnis bestehen. Interessant ist auch der hypothetische Fall, was passiert wäre, hätte Schlotterbeck nicht interveniert. Dann wären die Bayern vielleicht wesentlich länger als 20 Sekunden zu zwölft gewesen. Hat der Freiburg-Spieler womöglich damit indirekt dem Gegner geholfen? Spielt dieser Aspekt bei der möglichen Urteilsfindung eine Rolle?

In der ersten Runde des DFB-Pokals war es zwischen Preußen Münster und Wolfsburg zu einem Wechselfehler der anderen Art gekommen. Die Wolfsburger wechselten unerlaubterweise sechsmal. Das Sportgericht gelangte zur Auffassung, dieser Spieler sei nicht einsatzberechtigt gewesen und wies die Schuld dem Verein zu, das Match wurde zugunsten von Münster gewertet.