Vor gar nicht allzu langer Zeit zählte Schalke 04 noch zu den namhaftesten Adressen im europäischen Fußball. Mit Manuel Neuer, Leon Goretzka, Leroy Sane und Julian Draxler brachte der Verein aus Gelsenkirchen mehrere deutsche Superstars im aktuellen Fußball heraus. Unvergessen auch die Auftritte von Real-Legende Raul, der für Schalke von 2010 bis 2012 zwei Jahre auf Torejagd ging und für königliches Flair im Ruhrpott sorgte. Sportlich machten die "Knappen" meistens positiv auf sich aufmerksam: Fünfmal überstand Schalke die Gruppenphase in der Königsklasse, 2011 ging es sogar bis ins Semifinale. In der Liga krönte man sich vor drei Jahren noch zum Vizemeister.
Umso größer lassen diese Erfolge das aktuelle Desaster auf Schalke erscheinen. Der sechstgrößte Mitgliederverein der Welt muss nach der 0:1-Niederlage in Bielefeld den Gang in die Zweite Liga antreten - zum vierten Mal in der Klubgeschichte. "In meinen über 20 Jahren in diesem Verein habe ich es mir nie erträumt, dass es einmal so weit kommt. Mir fehlen die Worte – es ist hart", zeigte sich Gerald Asamoah, langjähriger Spieler und derzeitiger Funktionär, erschüttert. Die Klub-Legende hätte zwar "schon lange gewusst, was auf uns zukommt", ging mit der aktuellen Mannschaft dennoch hart ins Gericht. "Wenn du Tabellenletzter bist und 13 Punkte hast – und einer sagt er hätte alles gegeben, dann weiß ich nicht, was ich mit dieser Person machen würde. Wir haben enttäuscht."
Genau diese Enttäuschung schlug nach dem besiegelten Abstieg schnell in Gewalt um. Mittwochfrüh, gegen 1.30 Uhr, kam der Mannschaftsbus nach der Bielefeld-Niederlage vor der Veltins-Arena an und wurde dort bereits von mehreren hundert Anhängern erwartet. Diese haben die Fußballer nicht nur zur Rede gestellt, sondern sind Berichten zufolge sogar handgreiflich geworden. Video-Aufnahmen dokumentierten, wie Schalke-Spieler vor den Fans davongelaufen sind.
Der Verein reagierte mit einer Mitteilung auf seiner Homepage: In der Nacht seien "Grenzen überschritten" worden. "Bei allem verständlichen Frust und aller nachvollziehbaren Wut über den Abstieg in die 2. Bundesliga: Der Verein wird es niemals akzeptieren, wenn die körperliche Unversehrtheit seiner Spieler und Mitarbeiter gefährdet wird." Man verurteilte das Verhalten einzelner Anhänger scharf und stellte sich klar hinter die Mannschaft. Die Polizei hat daraufhin mit der Aufarbeitung des Vorfalls begonnen und nannte Details. 500 bis 600 Fans haben auf die Mannschaft gewartet, "die Spieler wurden mit Eiern beworfen und verbal attackiert". Weitere Eskalationen konnte sie nicht unterbinden.
Bei der aktuellen Misere in Gelsenkirchen sind weitere Ausschreitungen nicht ausgeschlossen. Viele Spieler werden den Verein verlassen, finanziell schrieb man schon länger keine schwarzen Zahlen mehr. Der Schuldenstand wurde zuletzt mit etwa 217 Millionen Euro beziffert. Bei einem genaueren Blick in die zweithöchste Spielklasse Deutschlands ist ein direkter Wiederaufstieg außerdem alles andere als vorgegeben. Dafür braucht man mit dem HSV nur einen anderen Traditionsklub zu fragen.