Mit vier Punkten, einem Torverhältnis von 6:0 und der Gewissheit, vier Spieltage vor Ende der Gruppe G alle Chancen auf die Qualifikation für die EM-Endrunde 2020 zu haben, sollte im ÖFB-Nationalteam eigentlich das Positive überwiegen. Und doch gibt es Aufregung um eine Personalie. Martin Hinteregger verpasste das Auswärtsspiel in Polen – offiziell wegen einer Zerrung in der rechten Wade.
Dennoch nahm die Stammkraft in der ÖFB-Verteidigung, die Woche für Woche bei Frankfurt überzeugende Leistungen abruft, auf der Ersatzbank Platz, von wo aus Hinteregger das 0:0 in Warschau verfolgte.
Wie sich nun aber herausstellt, soll die angebliche Verletzung des Kärntners nur ein Vorwand gewesen sein. Vielmehr diente der Rauswurf aus der Startelf einem erzieherischen Zweck. Denn Hinteregger nutzte den freien Nachmittag am Samstag in Salzburg, um nicht nur den 6:0-Sieg gegen Lettland, sondern auch seinen 27. Geburtstag zu feiern – ausgiebig, ja sogar ausufernd. Der Zapfenstreich im Teamquartier war für 21.30 Uhr angesetzt. Tatsächlich eingetroffen soll der Sirnitzer erst am nächsten Morgen sein – rund zehn Stunden nach der von Teamchef Franco Foda vorgegebenen Zeit und mit leichten Gleichgewichtsstörungen.
Dass dieser Vorfall von Hinteregger – noch dazu einen Tag vor der so wichtigen Begegnung in Polen – ausgerechnet in Salzburg geschehen ist, lässt Erinnerungen wach werden. Während seiner neuneinhalb Jahre in Salzburg ließ es der 42-fache ÖFB-Teamspieler öfters krachen. Diverse Disziplinlosigkeiten führten zu zahlreichen Unstimmigkeiten mit diversen Trainern und Vorgesetzten. Die Mozartstädter verstanden es professionell – ihrer Klubphilosophie entsprechend –, keinen großen Wind darum zu machen und möglichst wenig darüber an die breite Öffentlichkeit gelangen zu lassen.
Nach seinem Wechsel zu Augsburg sorgte Hinteregger im Frühjahr 2019 für Aufsehen, als er seinen Trainer Manuel Baum öffentlich harsch kritisierte und daraufhin suspendiert wurde. Als Belohnung folgte der leihweise Wechsel zu Frankfurt, wo er schnell zur Kultfigur wurde und mit imposanten Vorstellungen seinen Teil dazu beitrug, dass Frankfurt erst im Halbfinale der Europa League am späteren Sieger Chelsea scheiterte.
Duell gegen den Ex-Klub oder Wadenzerrung?
Die nächsten Aufreger gab es, zurück in Augsburg, wo Baum, unter dem Hinteregger nicht mehr spielen wollte, entlassen wurde. Zuerst wurde er beim Trainingsauftakt mit einem Frankfurt-Rucksack gesichtet, den er später dem ÖFB zuordnete. Seinem oftmals geäußerten Wunsch, nach Frankfurt zurückkehren, wurde nach einem aufgetauchten Alkohol-Video von einem Dorffest während des Trainingslagers in Tirol stattgegeben. Zwölf Millionen Euro überzeugten Augsburg, sich dem Theater nicht weiter auszusetzen.
Am Samstag (15.30 Uhr) empfängt Augsburg die Frankfurter in der Bundesliga. Spielt Hinteregger gegen den Ex-Klub oder wird die „Wadenzerrung“ noch nicht ausgeheilt sein? Man darf gespannt sein.