Die Titelverteidigung in der deutschen Fußball-Bundesliga ist in weiter Ferne, in der Champions League droht das Aus und die erste titellose Saison seit zwölf Jahren. „Es fühlt sich an wie ein Horrorfilm, der nicht aufhört“, resümierte Teamspieler Leon Goretzka die Niederlagenserie. Trainer Thomas Tuchel ist trotz Rückendeckung der Vereinsspitze stark unter Druck.
Erstmals seit drei Jahren haben die Bayern drei Pflichtspiele in Serie verloren. Vorstandschef Jan-Christian Dreesen hat unmittelbar nach der Pleite in Bochum dennoch ein Bekenntnis zu Tuchel abgegeben. Die Frage nach einem Trainerwechsel stelle sich nicht. „Das ist kein Thema, mit dem wir uns aktuell beschäftigen“, erklärte der Münchner Chef. Tuchel werde „selbstverständlich“ kommenden Samstag im Heimspiel gegen RB Leipzig auf der Bank sitzen.
Dass bei den Bayern Ruhe einkehrt, ist dennoch nicht zu erwarten. Das weiß auch Tuchel. Das Bekenntnis Dreesens sei „natürlich schön“, sagte der Trainer. „Ob das hilft, dass die Diskussionen nicht geführt werden, wage ich zu bezweifeln“, ergänzte Tuchel. Die gebe es „ja schon gefühlt die ganze Saison. Auch als wir Spiele gewonnen haben“, sagte er fast schon trotzig. „Da ist für mich schon seit ein paar Wochen der Punkt erreicht, wo es mich nicht mehr tangiert. Ich konzentriere mich auf das, was ich beeinflussen kann. Das ist das einzige Rezept, das ich kenne“, sagte Tuchel, der im März des vergangenen Jahres Julian Nagelsmann abgelöst hat.
Zwölf Spiele vor Saisonende ist der Rückstand auf Tabellenführer Bayer Leverkusen auf acht Punkte angewachsen, aufgeben will Tuchel den zwölften Meistertitel in Serie aber nicht und erinnert an das Herzschlagfinale in der vergangenen Saison, als Borussia Dortmund in der letzten Runde den schon sicher geglaubten Triumph noch verspielte. Aktuell sei eine Titelverteidigung „nicht realistisch“, gab Tuchel zu: „Aber letzte Saison haben wir auch bis zum Schluss dran geglaubt und sind belohnt worden.“ Die Niederlage in Bochum ordnet er in die Kategorie unglücklich ein. „Ich finde die Niederlage nicht gerecht. Ich finde, es ist extrem viel gegen uns gelaufen. Was schiefgehen kann, ist schiefgegangen“, sagte Tuchel bei DAZN.
Der Frust bei den Münchnern ist jedenfalls groß und soll sich in Bochum auch in einem verbalen Streit zwischen dem nach gut einer Stunde ausgewechselten Joshua Kimmich und Co-Trainer Zsolt Löw entladen haben. Urgestein Thomas Müller schrieb auf Instagram von einer „Woche zum Vergessen“. „Es ist schwierig, die richtig Worte für unsere Gefühle zu finden“, ließ Müller wissen. Selbstkritisch äußerte sich Goretzka. „Es sind am Ende des Tages individuelle Fehler, die wir machen – und davon zu viele. Im Moment müssen wir, glaube ich, alles hinterfragen“, betonte der DFB-Nationalspieler.
Symptomatisch dafür ist Verteidiger Dayot Upamecano, der eine besonders fürchterliche Woche hinter sich hat: zwei Spiele, zwei Platzverweise, zweimal den entscheidenden Elfmeter verursacht. „Das waren leider zwei sehr folgenreiche Fouls, die er sich geleistet hat. Das ist zweimal zu ungestüm, zweimal zu aggressiv. Leider, denn er macht sich damit seine eigenen Leistungen kaputt“, sagte Tuchel.
Beim 0:1 am Mittwoch bei Lazio hatte der Franzose den Strafstoß zum einzigen Tor verursacht und für seine Aktion die Rote Karte gesehen. In Bochum verschuldete der ehemalige Salzburger den Elfmeter zum 1:3, den der Österreicher Kevin Stöger verwandelte, und sah Gelb-Rot. Der 42-Millionen-Mann sei wegen seiner Kniebeschwerden eigentlich nur „für maximal eine halbe Stunde vorgesehen“ gewesen, sagte der Coach. Weil Noussair Mazraoui verletzt ausschied, musste er bereits in der 34. Minute eingewechselt werden.