Die Favoritenrolle wurde vor diesem Duell so oft hin- und hergeschoben wie ein Fußball in einer Aufwärmübung. Die 90 Minuten im Hinspiel des Champions-League-Halbfinals hätten einen ersten Aufschluss darüber geben können, wer denn nun tatsächlich der Favorit auf den Champions-League-Titel ist – doch eindeutig ist die Frage auch nach dem Halbfinal-Hinspiel nicht zu beantworten: 1:1 endete das erste von zwei Duellen zwischen Real Madrid und Manchester City.

Im Santiago Bernabeu starteten die Briten mit einer äußerst ansprechenden Vorstellung. Der in der Madrider Innenverteidigung aufgebotene ÖFB-Teamspieler David Alaba und seine Kollegen hatten alle Mühe, ihre Beine zwischen die britischen Ballstafetten zu bringen. Es gab Manchester-Chancen auf dem Fließband: Real-Torhüter Thibaut Courtois hatte bei Schüssen von Kevin De Bruyne (9.) und Rodri (13.) sowie bei einem Kopfball vom meist gut bewachten Erling Haaland (16.) seine Hände im Spiel. Der Real-Sechzehner war zu diesem Zeitpunkt alles andere als eine Wohlfühloase.

Doch Real zeigt auch in Phasen intensiver Bedrängnis, warum es ein Weltklasse-Team ist: Eduardo Camavinga und Luka Modric kombinierten sich durch das Mittelfeld und Vinicius Junior verwertete unwiderstehlich zur 1:0-Führung – praktisch aus dem Nichts (36.). Ein Tor, das die Hoffnung der Real-Fans im Stadion nährte. „El rey y su copa“, „ein König und sein Pokal“ stand auf einem Transparent geschrieben, das sie vor dem Spiel stolz präsentierten. Der abgebildete König hielt die Champions-League-Trophäe, darauf stand die Zahl 14. Kein anderer Klub der Welt, hat die Champions League öfter gewonnen.

Ob am 10. Juni in Istanbul der 15. Titel folgt, wird sich weisen, jedenfalls schien das Führungstor die „Königlichen“ zu beflügeln: Plötzlich wurden sie öfter gefährlich, die Angriffe von City wurden (vorerst) im Keim erstickt: Karim Benzema etwa hatte eine gute Möglichkeit auf das 2:0 (50.) und David Alaba untermauerte eine solide Defensivleistung mit einem geblockten Schuss gegen Erling Haaland (55.). Dennoch traf jenes Team, das zu dieser Phase unterlegen war: Kevin De Bruyne hämmerte den Ball aus 20 Metern zum 1:1 in das Real-Tor (67.) – vorausgegangen war dem Treffer ein Fehlpass von Camavinga, der die Real-Führung noch so grandios vorbereitet hatte.

Noch ist nichts entschieden. Wer im Duell der derzeit wohl besten Teams der Welt in das Finale einzieht, steht frühestens nach weiteren 90 Minuten fest – das lehrt nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Geschichte: Im Halbfinale des Vorjahrs gewann Manchester City das Hinspiel 4:3 und führte im Rückspiel bis zur 90. Minute mit 1:0, ehe die Madrilenen das Spiel drehten – und letztlich die Trophäe emporstemmen konnten.