In den vergangenen Wochen kamen immer kritischere Stimmen auf, die bezweifelten, dass Erling Haaland in das Spielsystem von Manchester City passen würde. Am Champions-League-Abend am Dienstag belehrte der Norweger die Unkenrufer eines Besseren – und das in mehr als beeindruckender Manier. So avancierte der Goalgetter beim Achtelfinal-Rückspiel gegen RB Leipzig zum überragenden "Man of the Match" und versenkte den Ball beim 7:0-Kantersieg der Briten (das Hinspiel hatte 1:1 geendet) gleich fünfmal (22./Handelfmeter, 24., 45.+2, 53., 57.) im Kasten der Deutschen. Fünf Tore in einem Champions-League-Spiel waren zuvor nur Lionel Messi (FC Barcelona) und Luiz Adriano (Schachtar Donezk) gelungen.
Nach dem Abpfiff präsentierte sich Haaland freilich mit breiter Brust vor den surrenden TV-Kameras: "Es ist eine große Nacht! Ich bin stolz, in diesem Bewerb spielen zu können, ich liebe es einfach. Fünf Tore! 7:0 zu gewinnen, ist unglaublich", so Haaland gegenüber BT Sport. Nachsatz: "Tore zu schießen, ist einfach meine Superkraft." Auf die Frage, was denn sein Erfolgsgeheimnis sei, gab der ehemalige Red-Bull-Salzburg-Kicker eine überraschende Antwort: "Soll ich ehrlich sein? Bei vielen Toren heute habe ich gar nicht nachgedacht. Ich habe einfach nur versucht, den Ball reinzubringen. Ein großer Teil der Sache ist, im Kopf schnell zu sein und den Ball dorthin zu bringen, wo der Torhüter nicht steht." Ja, wenn es nur so einfach wäre ...
Haaland schoss seine fünf Tore in gerade einmal 63 Minuten. Danach war für ihn vorzeitig Schluss, wurde er von Pep Guardiola vom Platz genommen. "Man muss bedenken, dass er die fünf Tore in 60 Minuten gemacht hat. Er hat ein unglaubliches Talent und vor allem seine Mentalität ist herausragend. Es geht aber nicht nur immer darum, Tore zu schießen, denn es gibt auch die Möglichkeit, Tore zu kassieren. Wir haben immer viele Tore gemacht. Jetzt ist es einfach schön, zu sehen, wie er spielt und uns hilft. Wir hatten aber davor auch andere gute Stürmer, die alle diesen Torinstinkt haben. Haaland ist aber schon speziell", lobte der spanische Trainer seinen Schützling.
Es wären noch mehr Tore möglich gewesen
Auch Sky-Experte Andreas Herzog sparte nicht mit Lobeshymnen auf den "Wikinger": "Abgesehen davon, dass Manchester City RB Leipzig zerstört hat, war natürlich Erling Haaland mit seinen fünf Treffern ein Wahnsinn. Man hat ihm aber schon ein bisschen angemerkt, dass er gerne noch hätte weiterspielen wollen. Da wären noch ein bis zwei Treffer drinnen gewesen, wenn du so ein Spiel hast, wo jeder Torschuss von dir reingeht, und das wäre dann der Rekord gewesen. Auch wenn er am Wochenende ein wichtiges Spiel hat, war es jetzt nicht so, dass er sich die letzten 30 Minuten körperlich hätte zerreißen müssen. Er räumt einfach alles weg, bis der Ball im Tor ist."
Und damit lag der Österreicher auch völlig richtig, meinte Haaland nach dem Spiel doch über seine Auswechslung: "Ich habe dem Trainer gesagt, dass ich gerne einen doppelten Hattrick erzielen würde. Aber was soll ich machen?" Eine Aussage, die auch Lothar Matthäus bestätigte: "Ich habe nicht verstanden, dass er ausgewechselt wurde, denn er hätte etwas Historisches schaffen können heute. Ich weiß nicht, ob ich als Trainer so einen Rekord nicht ein bisschen zuspielen muss."
Und was sagt Guardiola zur Auswechslung? "Wenn er schon mit 22, 23 einen doppelten Hattrick erreicht hätte, wäre sein Leben langweilig. Nun hat er ein Ziel, deshalb habe ich die Auswechslung vorgenommen", schmunzelte der Spanier. Nachsatz: "Er bekommt von mir fünf Rotweinflaschen geschenkt."