Red Bull Salzburg hat in der laufenden Champions League die erste Niederlage kassiert. Chelsea setzte sich am Dienstagabend vor 29.520 Zuschauern in Wals-Siezenheim verdientermaßen mit 2:1 (1:0) durch und buchte damit schon vor dem letzten Spieltag das Achtelfinal-Ticket. Für die "Blues" traf Mateo Kovacic (23.) in der ersten Spielhälfte, nach Salzburgs Ausgleich durch Junior Adamu (49.) war Kai Havertz (64.) noch einmal für den Premier-League-Klub zur Stelle.
Für Österreichs Serienmeister war es die erste Heim-Niederlage auf internationalem Parkett seit 18. Februar 2021, als Villarreal (2:0) auf Salzburger Boden siegte. Der Aufstieg in Gruppe E ist für das Team von Matthias Jaissle aber weiter möglich. Auswärts wartet im Mailänder San Siro zum Abschluss am kommenden Mittwoch Milan. Italiens Champion gewann bei Dinamo Zagreb dank Toren von Matteo Gabbia (39.), Rafael Leao (49.) und Olivier Giroud (59./Elfmeter) sowie eines Eigentores von Robert Ljubicic (69.) deutlich mit 4:0 (1:0) und schob sich damit um einen Zähler an Salzburg vorbei auf den zweiten Platz. Dinamo ist zum Abschluss in London im Einsatz. Wird Salzburg am Ende Gruppen-Dritter, überwintert man immerhin in der Europa League.
Ausverkauftes Haus hatte Salzburg schon lange gemeldet. Die Erwartung auf eine Überraschung war nach dem 1:1 im Hinspiel vorhanden. Bei den Heimischen fehlte wie erwartet Nicolas Capaldo, Oumar Solet wurde im Gegensatz zu Luka Sucic nicht rechtzeitig fit. Andreas Ulmer saß auf der Bank, was die Salzburger wieder extrem jung einlaufen ließ. 22 Jahre und 10 Tage - die "Bullen" begannen mit der jüngsten Start-Elf ihrer Champions-League-Geschichte. Nur Arsenal im Dezember 2009 (Rekord mit 21 Jahren, 215 Tagen) und zweimal Ajax Amsterdam setzten laut Statistik in der Bewerbhistorie jemals auf jüngere Formationen von Beginn an.
"Minute der Dankbarkeit" für Dietrich Mateschitz
Chelsea-Trainer Graham Potter überraschte mit einer offensiven Mannschaft. Die Offensivkräfte Raheem Sterling und Christian Pulisic agierten vor einer Dreier-Abwehr an den Flanken, Stabilität im Zentrum sollte Europameister Jorginho und der vierfache Champions-League-Sieger Kovacic (ehemals Real Madrid) bringen.
Die Partie begann schon vor Anpfiff mit einer Würdigung der Verdienste von Dietrich Mateschitz stimmungsvoll. Dem verstorbenen Red-Bull-Gründer wurde in einer "Minute der Dankbarkeit" mit Applaus gedacht, getrauert sollte auf Wunsch der Familie nicht werden. "Danke Didi" ließen die Fans via Transparent wissen. Erst der Anpfiff ließ das anhaltende Klatschen verebben.
Salzburg attackierte Chelseas Spielaufbau forsch, frühe Ballgewinne in der gegnerischen Spielhälfte waren das Ziel. Einen Fehlstart vereitelte Torhüter Philipp Köhn, der nach einer misslungenen Kopfball-Rückgabe von Bernardo vor Havertz klären konnte. Keine zwei Minuten waren gespielt. Jaissle dirigierte wieder unentwegt an der Seitenlinie, Sucic schoss aus aussichtsreicher Position nach einer Viertelstunde über das Gehäuse. Chelsea kam danach auf. Der Sieger von 2021 hatte gegen passiver werdende Hausherren mehr und mehr vom Spiel und schlug wie im Hinspiel zuerst zu.
Torhüter Köhn rettete Salzburg mehrmals
Maximilian Wöber war gegen Havertz mit der Fußspitze zur Stelle, lieferte aber die unfreiwillige Vorlage für Kovacic. Der in Linz geborene Mittelfeldmann zog vom Sechzehner mit der Fuß-Innenseite ins Kreuzeck ab. Fast wäre Chelsea der Doppelschlag gelungen, Köhn tauchte nach einem Eckball beim leicht abgefälschten Kopfball von Pierre-Emerick Aubameyang erfolgreich ab (26.). Der Schweizer musste noch weitere Male in extremis eingreifen. Als Aubameyang völlig frei vor ihm auftauchte (32.), nachdem Salzburgs Pressing nicht gegriffen hatte. Havertz ließ per Kopf die nächste Chance der Gäste liegen (36.), ehe Köhn Aubameyang in der letzten Aktion der ersten Spielhälfte mit einem Reflex erneut ein Tor verwehrte.
Salzburg durfte mit dem knappen Rückstand noch zufrieden sein. "Wenn sie so weiterspielen ist es eine Frage der Zeit, bis sie das zweite Tor kassieren", sagte der im Stadion weilende ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick in der Pause gegenüber Sky. Beide Teams begannen danach unverändert. Salzburg hatte sich offenbar etwas vorgenommen.
Erste Aufregung gab es, nachdem Kovacic im Strafraum der Ball an die Hand gesprungen war. Der Schweizer Referee Sandro Schärer sah kein vorsätzliches Vergehen. Zwei Minuten später war der Ausgleich da. Routinier Thiago Silva attackierte zu ungestüm und riss ein Loch in der Defensive der Blauen auf, Adamu war im Gegenstoß nach Wöbers Hereingabe zur Stelle. Die Reaktion von Chelsea blieb aber nicht aus. Das Privatduell Köhns mit Aubameyang ging weiter zugunsten des Schweizers weiter, beim anschließenden Eckball kratzte Adamu einen Jorginho-Kopfball von der Linie (53.).
Chelsea war wieder Herr im fremden Haus, Salzburg aber besser im Spiel. Jaissle brachte Benjamin Sesko nach einer Stunde für Sucic, Adamu rückte ins offensive Mittelfeld zurück. Die individuelle Klasse des Gegners sollte jedoch den Unterschied ausmachen. Pulisic fand Havertz, der den Ball aus knapp 20 Metern ansatzlos via Lattenunterkante im Tor versenkte. Den Salzburgern gelang die Antwort nicht mehr. Seskos Flachschuss parierte Chelsea-Keeper Kepa Arrizabalaga (67.), Silva klärte für seinen geschlagenen Schlussmann noch deutlich vor der Linie (69.). Auch Salzburgs Schlussoffensive brachte nicht das erhoffte Ergebnis.
Köhn: "Was gibt es Besseres?"
"Wir haben uns in der ersten Halbzeit sehr schwergetan, sind ein wenig hinterhergelaufen", sagte Goalie Köhn nach dem Spiel. "Wir haben uns in der Halbzeit noch einmal heiß gemacht, es ist uns gelungen, das Tor zu machen. Am Ende hat sich aber die Qualität durchgesetzt. Ärgerlich, wir hätten gerne den Punkt mitgenommen. Ich versuche mein Bestes zu geben, leider hat es trotzdem zweimal geklingelt. Wir haben uns eine super Ausgangssituation verschafft, die macht dieses Spiel nicht kaputt. Wir haben jetzt noch so ein cooles Finale, was gibt es Besseres?"
Bullen-Stürmer Noah Okafor sagte: "Es war kein einfaches Spiel gegen eine sehr gute Mannschaft. Wir sind gut in die Partie gestartet. Dann haben wir vielleicht ein bisschen die Spannung verloren, Chelsea hat das Spiel gemacht. Aber ich denke, in der zweiten Halbzeit haben wir eine sehr gute Partie gemacht. Jetzt haben wir das Finale in Mailand. Wir haben alles gegeben, heute hat es leider nicht gereicht. Aber das gehört dazu im Fußball. Wir müssen das abhaken und nach vorne schauen. In einer Woche müssen wir ready sein."