Ein 7:1 in der Champions League, das könnte doch zu Übermut verleiten. Doch Julian Nagelsmann war nicht danach, auch wenn er sich über den 7:1-Triumph gegen Salzburg rechtschaffen freute. Der nicht der Überheblichkeit zu verdächtigende Trainer eines an diesem Abend überragenden FC Bayern verwies auf eine Szene zu Beginn des Spiels und überraschte wegen eines fast wie beiläufig hingeworfenen, aber markanten Nachsatzes. "Wenn du in der vierten Minute 0:1 zurückliegst, fängst du schon das Nachdenken an."

Es trat nicht ein, aber was hat Nagelsmann damit gemeint? Nun, er bezog sich auf einen sehr frühen Angriff der Salzburger, wunderbar vorgetragen von Karim Adeyemi nach einer weiten Vorlage. Doch den Stanglpass kann Nicolas Capaldo nicht verwerten, er wird entscheidend gestört vom zurückgeeilten Kingsley Coman. "Es war unglaublich vom King, eine Schlüsselszene für den Sieg, es war der Opener", erklärte Nagelsmann, der den Spielverlauf von der anderen Seite her aufzog. Coman habe das Tor zum Erfolg geöffnet. 

Der Bayern-Coach, der auch minutenlang von Robert Lewandowski hätte schwärmen können, hatte also offenkundig den Salzburgern eine Sensation durchaus zugetraut, und es ist erstaunlich, dass er dies in der Stunde des Triumphs indirekt bekannte, obwohl nach dem Match davon nie mehr eine Rede sein konnte. Und erst recht nicht zur Geisterstunde, um Mitternacht. Da war das Spiel schon eingesickert und der im Wirbel der Angriffe noch mit Unschärfen versehene erste Eindruck hatte sich verfestigt. Zu dominant waren die Bayern, zu unterlegen die Salzburger. "Vielleicht war es um ein oder zwei Tore zu hoch", aber insgesamt "absolut verdient". Daran bestand für Nagelsmann kein Zweifel, er schien erleichtert, dass die Partie für sein Team so verlief und endete.

Nicht an das Hinspiel angeknüpft

Die Aussagen des Bayern-Chefbetreuers sprechen auch für die Salzburger, nicht für den Auftritt bei diesem Debakel, sondern für deren Gesamt-Performance in dieser Champions League. Die Zugabe blieb ihnen aber von einer extrem starken Münchner Elf verwehrt, und Matthias Jaissle wirkte verständlicherweise gezeichnet. "Es ist ein sehr bitterer Abend, die Enttäuschung ist riesig", meinte der Salzburg-Trainer.

Der Verweis auf das zuvor Gezeigte durfte dennoch nicht fehlen. "Es war bis dato eine überragende Champions-League-Saison, aber wir haben es leider nicht geschafft, an das Hinspiel anzuknüpfen", stellte der 33-Jährige fest, und er konnte nicht umhin, die Corona-Störungen in der Vorbereitung zu erwähnen, sie waren zu einschneidend, um außer Acht gelassen zu werden. "Wir hatten mit dem ein oder anderen Faktor zu kämpfen", meinte Jaissle, der sich gegen den Terminus der Ausrede stemmt. "Wir wollen nicht jammern, aber man hat gemerkt, dass es beim einen oder anderen nicht gereicht hat."

In der Kabine appellierte Jaissle, wie er meinte, an die "Haltung" der Spieler, man dürfe sich nicht gehen lassen. Dies ist teilweise gelungen, ein Ehrentor ist gefallen, ein zweites wäre beim Stande von 1:5 noch möglich gewesen, es hätte sich um Kosmetik gehandelt. Und die Lehre für den Trainer aus dem Spiel? "Um gegen eine solche Topmannschaft bestehen zu können, musst du dein Leistungspotenzial abrufen können, das ist uns diesmal nicht gelungen." 

Andreas Ulmer ist bewusst, dass seine vielen jungen Kollegen ein solches Resultat erst einmal verdauen müssen. Während des Spiels kamen sie nicht einmal dazu, darüber nachzudenken. "Wenn du 0:2, 0:3 und dann 0:4 hinten bist, macht das schon etwas mit einem", meinte der Kapitän, der dann noch Trost spendete. "Das Erlebnis in dieser Champions League kann den Jungs keiner mehr nehmen."