Statt der erhofften Sternstunde ist Red Bull Salzburg am Dienstag in der Champions League in ein historisches Debakel geschlittert. Österreichs Serienmeister musste sich im Achtelfinal-Rückspiel bei Bayern München mit 1:7 (0:4) geschlagen geben. Der erstmalige Viertelfinal-Einzug war trotz des 1:1 im Hinspiel in weiter Ferne. Die ersten drei Tore erzielte Weltfußballer Robert Lewandowski (12., 21., 23.). Salzburg gelang durch Maurits Kjaergaard nur der Ehrentreffer (70.).
Es war Salzburgs höchste Pflichtspiel-Niederlage seit dem legendären 0:7 am Ostersonntag des Jahres 2008 gegen Rapid. Seit dem Red-Bull-Einstieg 2005 haben die Salzburger sonst keine Partie mit mehr als vier Toren Unterschied verloren. Ein Corona-Cluster, der das Team Ende Februar heimgesucht hatte, schien Spuren hinterlassen zu haben.
Lewandowski sorgte mit seinem Hattrick früh für klare Verhältnisse. Den beiden Elfmetern zum 1:0 und 2:0 waren jeweils Fouls von Maximilian Wöber am Polen vorausgegangen. Dazu trafen Serge Gnabry (31.), Thomas Müller (54., 83.) und Leroy Sane (85.) für die am Ende in allen Belangen überlegenen Bayern.
Bei den Münchnern kehrte Kapitän Manuel Neuer einen Monat nach einer Knie-Operation ins Tor zurück. Der zuletzt schwächelnde Ex-Salzburger Dayot Upamecano saß auf der Ersatzbank, wurde im Gegensatz zu ÖFB-Teamspieler Marcel Sabitzer aber eingewechselt. Salzburg-Innenverteidiger Oumar Solet wurde nach Oberschenkelproblemen rechtzeitig fit. In Abwesenheit des angeschlagenen Noah Okafor stürmte wie erwartet Junior Adamu neben Karim Adeyemi.
Solet, Wöber und Co. hatten Lewandowski deutlich weniger gut im Griff als im Hinspiel. Salzburg-Torhüter Philipp Köhn musste nach einer Minute den ersten Schuss des Polen entschärfen. Auf der Gegenseite brachte Capaldo den Ball nach Adeyemi-Querpass nicht im Tor unter (2.). Eine zweite Großchance der Bullen ließ Nicolas Seiwald aus, dessen Schuss aus guter Position Neuer über das Tor lenkte (15.) - zu diesem Zeitpunkt stand es aber bereits 0:1.
Lewandowski hatte Wöber mit einer sehenswerten Ballannahme im Strafraum aussteigen lassen, der Salzburg-Verteidiger wusste sich nur mit einem Foul zu helfen. Lewandowski verwertete sicher. Keine zehn Minuten danach brachte Wöber den 33-Jährigen an der Strafraumgrenze erneut zu Fall. Der Schiedsrichter hatte ursprünglich auf Freistoß entschieden, nach VAR-Studium gab es aber neuerlich Strafstoß - und Lewandowski traf erneut ins linke Eck.
Wenig später sorgte ein unnötiger Ausflug von Köhn dafür, dass Wöber gegen den durchbrechenden Lewandowski nicht mehr eingreifen konnte. Der Ball sprang vom Polen zuerst an die Stange, Lewandowski drückte ihn aber mit der Hüfte über die Linie. Es war der nach Spielbeginn schnellste Hattrick der Champions-League-Geschichte. Lewandowski führt die CL-Schützenliste mit zwölf Toren in acht Partien nun wieder an. Auch in der Liga hat der zweimalige Weltfußballer in dieser Saison bereits 28-mal getroffen.
Es kam noch dicker für die Salzburger: Nach einem Ballverlust von Mohamed Camara im eigenen Verteidigungsdrittel bediente Kingsley Coman DFB-Teamspieler Gnabry, der mit der Innenseite einschoss. Köhn berührte den Ball, vermochte ihn aber nicht zu stoppen.
Die Bayern hätten schon vor der Pause durch Lewandowski (37.) und Benjamin Pavard (39.) noch höher führen können, taten dies aber erst nach Seitenwechsel durch Müller. Der Ur-Bayer traf nach Kombination über Joshua Kimmich, den die Salzburger im Mittelfeld-Zentrum schalten und walten ließen, und Leroy Sane aus der Drehung. Nicht minder sehenswert, wenn auch nur Ergebniskosmetik das 1:5: Brenden Aaronson bediente den eingewechselten Kjaergaard. Der 18-jährige Däne traf zu seinem ersten Europacup-Tor ins kurze Kreuzeck.
Das Spiel hatte da bereits Testspielcharakter. Bayern-Trainer Julian Nagelsmann gab ebenso einigen Reservisten die Chance wie sein Salzburg-Pendant Matthias Jaissle. Vom Toreschießen hatten die Münchner aber noch nicht genug: Müller legte nach Doppelpass mit Sane seinen zweiten Treffer nach. Der zweimalige Assistent war im Finish nach einem Fehler des eingewechselten Benjamin Sesko auch noch selbst erfolgreich.
Für die Bayern war es der erst dritte Sieg in den vergangenen sechs Pflichtspielen. Salzburg dagegen kassierte die höchste Europacup-Niederlage seiner Clubgeschichte. Den Bayern war man im November 2020 zu Hause bereits mit 2:6 unterlegen. Unter Jaissle hatte man in dieser Saison allerdings bisher in keinem Pflichtspiel mehr als zwei Gegentore kassiert.