Eine Frage, die sich im internationalen Sportgeschehen nun stellt, lautet: Wer nimmt denn freiwillig noch Russen auf? Große Verbände und auch kleinere verhängten am Freitag Sanktionen gegen das Land, das mit dem Angriff auf die Ukraine einen Krieg in Europa entfacht hat. Die UEFA legte dabei einen Maßstab an, der inzwischen wohl als Mindeststandard zu gelten hat. Unter der Obhut des Europäischen Verbandes stehende Fußballspiele auf russischem Boden sind fortan untersagt, das Champions-League-Finale wurde St. Petersburg vom unter der Leitung von Präsident Aleksander Čeferin stehenden Exekutiv-Komitee entzogen und geht nun am 28. Mai im Stade de France in St. Denis bei Paris über die Bühne.

Ein Detail entbehrt da nicht der Ironie. Alexander Djukow, der Präsident des russischen Fußballverbandes, allerdings auch Mitglied des Exekutiv-Komitees und Chef der Tochterfirma des UEFA-Hauptsponsors namens Gazprom Neft, verurteilte die Entscheidung des Gremiums, in dem er selbst sitzt. Er verhindert freilich auch nicht, dass russische Mannschaften ihre Heimspiele nur noch auf neutralem Boden bestreiten dürfen.

Die Auswahl für die Teams dürfte dabei eine sehr eingeschränkte sein. Infrage kommen wohl, wie aus UEFA-Kreisen zu erfahren war, befreundete Länder wie Serbien oder auch Kasachstan. Doch ob es tatsächlich dazu kommt, bleibt abzuwarten, denn noch schärfere Maßnahmen gelten mittlerweile als möglich bis wahrscheinlich. Auch ein Rauswurf Russlands aus sämtlichen Wettbewerben, also ein kompletter Boykott, wird von höchsten Stellen nicht ausgeschlossen. Der Druck wird steigen.

FIFA wartet weiter zu

Der Fußballweltverband FIFA, dessen Präsident Gianni Infantino schon am Donnerstag die Hinhaltetaktik gewählt hatte, blieb auch 24 Stunden später auffällig zurückhaltend. Was mit dem WM-Play-off-Spiel Russland gegen Polen geschieht, ist weiter unklar. Polen ist nicht gewillt, auf russischem Terrain anzutreten, was unter den gegebenen Umständen auch nicht vorstellbar ist.

Im Gegensatz zur FIFA reagierte das IOC immerhin, wenn auch erst, nachdem etliche Verbände bereits vorgeprescht waren. Es rief sämtliche Fachverbände dazu auf, alle Sportveranstaltungen in Russland und auch in Weißrussland abzusagen. Über das Nachbarland von Diktator Alexander Lukaschenko waren ebenfalls die Truppen von Wladimir Putin in der Ukraine einmarschiert.

Handball geht voran

Während sich die UEFA hinsichtlich des Hauptsponsors Gazprom bisher noch zu keinen Konsequenzen durchringen konnte bzw. dies noch nicht vermittelte, ging die Europäische Handballföderation auf dieser Ebene schon einen Schritt weiter. Sie verbot alle Spiele auf russischem Boden und legte auch die Partnerschaft mit dem Champions-League-Sponsor Nord Stream auf Eis. Dabei handelt es sich um die Gaspipeline zwischen Deutschland und Russland.

Auch die Formel 1 blieb nicht untätig, wenngleich sie sich eine Hintertür offenließ. Es sei "unmöglich", den für 25. September in Sotschi angesetzt gewesenen Grand Prix auszutragen, allerdings versehen mit dem Zusatz, "unter den derzeitigen Umständen".

Ein deutliches Signal kam von Manchester United. Der englische Traditionsfußballklub fliegt fortan nicht mehr mit Aeroflot. Die Kooperation mit dem Airline-Partner ist beendet.