Das Schauspiel ist so ungewohnt, dass es geradezu in den Charakter des völlig Neuen, Unbekannten schlüpfte. Ein Stau bei der Anreise, welch ein Erlebnis, hatten wir schon eine Ewigkeit nicht mehr. Die Einfahrt nimmt gespenstisch-aufregende Züge an, denn vor den Eingängen der Red Bull Arena nehmen Menschenmassen schon drei Stunden vor dem Anpfiff Aufstellung. Salzburg gegen Bayern, was Besseres kann der mitteleuropäische Fußball nicht bieten, noch dazu spielt sich dies alles im Achtelfinale der Champions League ab. Fußballherz, was willst du mehr!
Schon einmal hatten die Salzburger das Vergnügen, es war ein zweifelhaftes, in mehrfacher Hinsicht. Zum einen waren Zuschauer wegen Corona verpönt, und unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber vor den Augen der TV-Kameras ging der österreichische gegen den deutschen Meister unter, 1:3 und 2:6. Diesmal ist alles nicht nur ein bisschen anders. Denn die Stimmung brodelt schon vor dem offiziellen Stadioneinlass und schwappt erstmals völlig über, als die Mannschaften zum Aufwärmen den Rasen einstudierten und die Atmosphäre aufsaugten.
Eigentlich konnte nichts mehr passieren
29.520 Karten waren im Nu vergriffen, das Stadion ist bis auf den letzten Platz ausgereizt. Bayern-Trainer Julian Nagelsmann hatte schon am Vortag geahnt, womit sein Team an diesem Abend zu rechnen hatte. Mit einer aggressiven Stimmung, aber positiv aufgeladen angesichts des Großereignisses. Die Fans stellen sich der Herausforderung frohen Mutes, denn was kann denn ihrer Mannschaft, dem FC Red Bull Salzburg, der sich eigentlich bei diesem Anlass gar nicht so nennen darf, überhaupt zustoßen? Im Grunde nichts. An eine Blamage denkt niemand, man kann nur gewinnen, denn es sind die Bayern, die liefern mussten.
Natürlich sind auch aus dem Münchner Eck deutliche Stimmen zu vernehmen, schließlich ist die Weißwurstmetropole ja nur einen Katzensprung entfernt. Und dann ertönt die Fanfare, die Champions-League-Hymne. "Der Fußball hat uns alle wieder zusammengeführt", rief der Stadionsprecher. Es klingt fast wie eine Ansage aus dem Fußballmärchenwunderland. Nicht nur die Mannschaft der Einheimischen, auch die Bayern erhalten einen standesgemäßen Empfang, es beginnt zu prickeln und es fühlt sich an wie der Aufbruch in ein neues Zeitalter. Sie scheint überwunden, die blutleere Ära des finsteren Coronatals.