Was bedeutet es für Sie, Trainer des FC Salzburg zu sein?
Matthias Jaissle: In erster Linie bedeutet es für mich eine große Wertschätzung, dass ich dieses Vertrauen bekommen habe. Ich gehe an die Aufgabe mit großer Demut heran, denn ich weiß, woher ich komme. Noch vor kurzer Zeit war ich in der U18 tätig. Deshalb bin ich sehr froh darüber, diese große Chance erhalten zu haben.
Welchem Trainertyp würden Sie sich selbst zuordnen?
Es ist immer schwer, zum einen sich selbst zu beschreiben, zum anderen, sich als ein Typ zu deklarieren. Es würde dem komplexen Berufsbild nicht gerecht werden. Das ist nicht mit einem Satz zu erklären.
Wie würden Sie ihre Arbeitsweise umschreiben?
Da tue ich mir genauso schwer. Wer kann sich schon selbst gut beschreiben? Das müssen Sie eher die Leute um mich herum fragen. Oder man kann es hoffentlich auch ein wenig an der Spielweise erkennen.
Sie sind seit 2015 mit einer zweijährigen Unterbrechung für Red Bull tätig. Wie haben Sie die Schule, die Philosophie wahrgenommen?
Als klare Idee von Fußball. Es sind die Leitplanken vorgegeben, wie man Fußball spielen sollte, wie es der Verein wünscht. Das ist eigentlich schon etwas Einzigartiges, das gibt es nicht so oft im Fußball, dass man so eine klare Idee hat, die sich schon durch den gesamten Nachwuchs zieht. Es ist etwas Besonderes, dass schon die Kleinen diese Fußballidee vermittelt bekommen.
Salzburg verfolgt ja seit vielen Jahren die Linie, junge Talente an die Spitze heranzuführen und dann gewinnbringend weiterzuverkaufen. Ist es auf Dauer nicht frustrierend, mitansehen zu müssen, wie die Besten dem Klub regelmäßig verloren gehen?
Ich finde es sehr schön, dass analog zur Philosophie auch der Weg, den die jungen Talente gehen, fest verankert ist. Und es ist für mich als Trainer keine Überraschung, dass wir hier immer wieder auch Toptalente verlieren. Dessen war ich mir auch voll bewusst, als ich hierhergekommen bin. Es handelt sich um einen konsequenten Weg, der hier eingeschlagen wird, dass wir Talente bestmöglich entwickeln, sie hier vorbereiten, damit sie bald den nächsten Schritt wagen können, oftmals zu einem internationalen Topklub, wenn alles so läuft, wie wir uns das vorstellen. Deshalb verfügt Salzburg ja auch über eine solche Anziehungskraft für begabte Spieler. Das ist genau der Weg, der hier seit Jahren vorgelebt und, was besonders hervorzuheben ist, auch umgesetzt wird.
Ist es trotz der laufenden Verluste auf personeller Ebene möglich, in der Champions League weit zu kommen?
Ich gebe da keine Ziele aus. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir unser Bestmögliches geben werden. Wir werden dann erkennen, wofür das reicht. Wir sind sicher nicht der Favorit und haben das jüngste Team aller Champions-League Teilnehmer. Aber trotzdem wollen wir mutig auftreten. Die Gruppe wird in diesem Jahr allerdings zu einer besonderen Challenge, auch deshalb, weil es nicht den einen Gegner gibt, der auf den ersten Blick vielleicht etwas schwächer einzustufen ist. Es wird nicht einfach, das Ziel, international zu überwintern, zu erreichen.
Am Dienstag geht es zum Auftakt gegen den FC Sevilla. Würden Sie das Team der Spanier als stärksten Gegner einstufen?
Wenn wir die Vergangenheit heranziehen, all die Erfolge, auch international, dann ist das schon beachtlich. Es verlangt einem schon sehr viel an Respekt ab, wenn eine Mannschaft auf so konstant hohem Niveau international unterwegs ist.
Wie würden Sie generell die Chancen einschätzen, die Gruppenphase zu überstehen, die K.o.-Phase zu erreichen?
Schwer zu sagen. Es fällt mir auch schwer, uns im Vergleich mit diesen Topmannschaften einzuordnen. Was ich aber versprechen kann, ist, dass wir versuchen werden, unsere Art und Weise des Spiels vom ersten Pfiff an auf den Platz zu bringen. Und dann habe ich einfach die große Hoffnung, dass wir für die eine oder andere Überraschung sorgen können.
Sie gehören mit 33 Jahren zur jungen Trainergeneration. Worin sehen Sie in der Jugend die Vorteile und wie schwer wiegt der Nachteil mangelnder Erfahrung?
Das wurde vor allem zu Beginn meiner Amtszeit öffentlich thematisiert. Ich habe immer davon gesprochen, dass das Alter eines Trainers keine große Rolle spielt. Ich sehe mich darin auch durch die Erfahrungen der ersten Monate bestätigt. Es geht um die Inhalte und um die Art und Weise, wie man eine Mannschaft führt.
Der Blick auf die Tabelle der österreichischen Bundesliga suggeriert ein Solo für Salzburg. Ist die Konkurrenz in der Liga stark genug, um auch auf internationaler Ebene dauerhaft bestehen zu können?
Wir haben uns diesen ersten Platz durch viel harte Arbeit erspielt. Und wir haben auch gezeigt, dass wir die verdienten Sieger waren. Du musst das aber auch Woche für Woche abrufen. Wir bekommen in der Liga nichts geschenkt. Das haben die Partien bisher gezeigt, das waren keine Selbstläufer. Ich erhebe als Trainer den Anspruch, zu keinem Zeitpunkt irgendwo nachzulassen, um keine böse Überraschung zu erleben.
Es gibt ja in der jungen Salzburger Mannschaft auch Routiniers wie Zlatko Junuzovic oder Andi Ulmer. Wie bedeutsam ist es, solche Typen im Team zu haben? Und ist es auch wünschenswert, auf dieser Ebene nachzulegen, um weiterhin über solche Persönlichkeiten zu verfügen?
Das würde ja suggerieren, dass die jungen Spieler keine Persönlichkeiten sind.
Das ist damit nicht gemeint, wir sprechen hier von der Erfahrung.
Es stimmt natürlich, dass die jungen Spieler über nicht so eine große Erfahrung verfügen. Aber das ist unser Weg, den wir nach wie vor konsequent gehen. Nämlich jenen, auf junge, hochtalentierte Spieler zu setzen. Letztlich geht es um klare Werte, wir setzen auf das Leistungsprinzip. Daher sind genau die angesprochenen Spieler ja so enorm wichtig für die Mannschaft, weil sie nicht nur Erfahrung haben, sondern auch mit ihrer Qualität und ihrer Einstellung überzeugen. Sie leben das vor, daran können und sollen sich die jungen Spieler orientieren.