Die Idee hinter der Auswärtstorregel ist grundsätzlich eine gute: Um in K.o.-Spielen bei unentschiedenem Spielstand nach Hin- und Rückspiel möglichst ohne Verlängerung oder Wiederholungsspiel eine Entscheidung herbeizuführen, steigt jene Mannschaft in die nächste Runde auf, die mehr Auswärtstore erzielt hat.
Bereits seit über einem halben Jahrhundert begleitet diese Regel nun internationale Fußballbewerbe. Bis vor wenigen Monaten war diese auch noch logisch argumentierbar: Die Gastmannschaft hat den Nachteil der längeren Anreise, das gastgebende Team die Vorteile des gewohnten Geläufs und des berühmten "Zwölften Manns". Auswärts Tore zu erzielen darf demnach als schwerer eingestuft werden als im eigenen Stadion.
In den vergangenen Jahren und schon vor Corona wurde Kritik an der Regel immer lauter. Die Räumlichkeiten in den fremden Stadien sind für Gastmannschaften mittlerweile auf ein wenig nachteiliges Niveau gehoben und auch die Anreisestrapazen sind heutzutage weit weniger strapazierend als noch vor ein paar Jahrzehnten.
Nun, nachdem die Corona-Pandemie die Fußballwelt seit geraumer Zeit im Griff hat und Fans seit gut einem Jahr de facto aus den Stadien verbannt sind, fällt auch der wohl größte Heimvorteil weg. Das Bild tausender Fußball-verrückter Menschen, die ihr Team in der letzten Sekunde noch zum Sieg peitschen, ist aktuell ein Relikt vergangener Tage. Bereits dieser Faktor hätte die UEFA dazu bewegen dürfen, die Auswärtstorregel in dieser Spielzeit für Champions und Europa League auszusetzen.
Leipzig und Liverpool haben dasselbe Heimstadion - in Budapest
Was wir dieser Tage jedoch vor den TV-Bildschirmen zu sehen bekommen, führt die Auswärtstorregel nun endgültig ad absurdum. Aufgrund der aktuell geltenden Corona-Einreisebestimmungen empfing Atletico MadridChelsea im Königsklassen-Achtelfinal-Hinspiel beispielsweise in Bukarest, Leipzig verlor "daheim" in Budapest gegen Liverpool mit 0:2. Ähnliche Szenarien gab es auch zuhauf in der Europa League.
Am Dienstag berichtete die Times, dass auch das Rückspiel zwischen Liverpool und Leipzig "wahrscheinlich" in Budapest stattfinden wird. Sollte Leipzig diese Partie beispielsweise mit 3:1 gewinnen, wären die Roten Bullen trotz der 0:2-Niederlage im Hinspiel aufgestiegen. Aber wieso, fragt man sich. Im Aggregat stünde es doch nach Hin- und Rückspiel im selben Stadion vor leerer Kulisse 3:3, oder? Die Antwort ist so simpel wie in diesem Fall augenscheinlich unlogisch: aufgrund der Auswärtstorregel.