Die Polizei hat am Montag Büroräume im Stadion des spanischen Fußball-Giganten FC Barcelona durchsucht und vier Personen laut Medienberichten vorläufig in Gewahrsam genommen. Der von Millionen-Schulden und Krisen gebeutelte Club erlebt damit wenige Tage vor der Präsidentwahl ein weiteres Erdbeben. Mehrere Medien berichteten übereinstimmend, dass die Polizeihandlungen eine Reihe prominenter aktueller und ehemaliger Führungskräfte betrifft.
Der Klub von Superstar Lionel Messi teilte am Montag mit, die Aktion stehe in Zusammenhang mit den Justizermittlungen zu mutmaßlich illegalen Aktivitäten des Clubs in den sozialen Netzwerken, der sogenannten "Barcagate"-Affäre. I
Die Durchsuchungen im Stadion bzw. in Privatwohnungen begannen den Medien zufolge in den frühen Morgenstunden und dauerten bis in den Nachmittag hinein. Man habe mit den Behörden in allem kooperiert, teilte der Verein mit. Ein Ziel der Beamten der Abteilung für Finanzkriminalität soll der frühere Präsident Josep Maria Bartomeu gewesen sein, der im Dezember kurz vor einem Misstrauensvotum zurückgetreten ist.
Bei den Ermittlungen der Justiz geht es um die Vorwürfe der "Korruption" und der "unlauteren Verwaltung". Das könnte mit dem finanziellen Gebaren des spanischen Vizemeisters zu tun haben. Die Gesamtschulden des auch von Corona schwer getroffenen Vereins sollen sich Medienberichten zufolge für den Abrechnungszeitraum 2019/2020 auf den schwindelerregenden Betrag von 1,17 Milliarden Euro belaufen.
Nach Angaben des gewöhnlich gut informierten Radiosenders Cadena Ser hat die Razzia im Camp Nou auch mit der "Barcagate"-Affäre zu tun. Vereinsfunktionäre wurden beschuldigt, im vergangenen Jahr mithilfe einer externen Marketingfirma eine Verleumdungskampagne gegen Clubikonen wie Lionel Messi oder Gerard Pique lanciert zu haben. Diese hatten sich wie andere Führungsspieler kritisch gegenüber der damaligen Clubführung um Bartomeu geäußert und waren plötzlich mit einer wahren Troll-Armee in sozialen Netzwerken konfrontiert.
Bartomeu und sein Team hatten diese Vorwürfe stets bestritten. Der 58-Jährige war Ende Oktober dennoch zurückgetreten, nachdem er im Sommer 2020 den abwanderungswilligen Superstar Lionel Messi daran gehindert hatte, den Club ein knappes Jahr vor Ablauf seines Vertrages zu verlassen. In sechs Tagen sollen 140.000 Clubmitglieder einen neuen Präsidenten wählen. Die Abstimmung sollte ursprünglich am 24. Jänner stattfinden, sie wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben.
Der frühere Clubchef Joan Laporta, der mit guten Chancen antritt, bezeichnete die Nachricht von der Polizeiaktion im Camp Nou als "schockierend". Es gelte aber zunächst für alle die Unschuldsvermutung.
Die neue Entwicklung in der "Barcagate"-Affäre bringt zusätzliche Unruhe in den finanziell, sportlich und institutionell strauchelnden Club. In der Liga haben Messi & Co. bei einem Spiel mehr schon fünf Punkte Rückstand auf Tabellenführer Atletico Madrid. In der Champions League und im Cup steht der Club nach Hinspiel-Pleiten gegen PSG (1:4 daheim) und den FC Sevilla (0:2 auswärts/Rückspiel am Mittwoch) vor dem Aus.