Paris Saint-Germain steht erstmals seit 25 Jahren im Halbfinale der Fußball-Champions-League. Der Mitfavorit benötigte dafür am Mittwoch zum Auftakt des Finalturniers in Lissabon aber eine gehörige Portion Glück. PSG verhinderte das Aus gegen Außenseiter Atalanta Bergamo mit zwei späten Toren. Nach dem 2:1-Sieg geht es im Halbfinale nächsten Dienstag gegen RB Leipzig oder Atletico Madrid.
Die märchenhafte Saison Atalantas, des Clubs aus der vom Coronavirus besonders hart getroffenen Stadt in der Lombardei, endete mit einem Drama. Mario Pasalic hatte den Dritten der italienischen Serie A vor der Pause in Führung gebracht (27.). Im Finish drehten Tore von Marquinhos (90.) und Eric Maxim Choupo-Moting (93.) aber die Partie.
PSG kratzte gerade noch die Kurve. Seit dem Einstieg der potenten Geldgeber aus Katar im Jahr 2011 war Frankreichs Serienmeister in der "Königsklasse" nie weiter als ins Viertelfinale vorgedrungen. Der Bann wurde nach der Corona-Pause unter besonderen Umständen gebrochen - mit einer Entscheidung in nur einem Spiel und ohne Zuschauer.
Ein neuerliches Aus hätte Trainer Thomas Tuchel schwer in Bedrängnis gebracht. Angeschlagen war der Deutsche am Ende aber nur, weil er nach seinem Mittelfußknochenbruch auf Krücken jubeln musste. Auch Kylian Mbappe hatte seinen Anteil am Aufstieg. Der Jungstar saß wegen seiner vor drei Wochen erlittenen Knöchelverletzung zwar vorerst nur auf der Ersatzbank, brachte nach seiner Einwechslung in der 60. Minute aber neuen Schwung.
Bei Atalanta fehlte Topstar Josip Ilicic aus persönlichen Gründen. Dem Slowenen sollen die tragischen Auswirkungen des Coronavirus in Bergamo besonders nahegegangen sein. Der 32-Jährige reiste nicht mit dem Team nach Lissabon. Im Achtelfinal-Rückspiel im März in Valencia (4:3) hatte er noch alle vier Tore erzielt.
Doch auch ohne große Namen kratzte Atalanta am erst zweiten Einzug der Clubgeschichte in ein Europacup-Halbfinale. 1987/88 waren die Lombarden im Cup der Cupsieger in die Vorschlussrunde vorgedrungen. In der Champions League durfte das von Gian Piero Gasperini betreute No-Name-Team in dieser Saison überhaupt das erste Mal mitwirken.
PSG hatte zwar schon vor der Pause mehr Spielanteile, Atalanta ging mit seinem schnörkellosen, geradlinigen Spiel aber nicht unverdient in Führung. Pasalic kam im Strafraum etwas glücklich an den Ball, weil Duvan Zapata gut nachgesetzt hatte. Der Kroate versenkte den Ball souverän im linken Eck. Davor hatte bereits Hans Hateboer mit einem Kopfball angeklopft (11.)
Auf der Gegenseite ließ PSG-Superstar Neymar in ungewohnter Manier mehrere Großchancen liegen. Bereits in der dritten Minute schoss der Brasilianer alleine vor Bergamos Ersatztorhüter Marco Sportiello weit daneben. Nach einer Einzelaktion zielte Neymar ebenso zu ungenau (28.) wie nach einem missglückten Rückpass Atalantas (42.).
Nach Seitenwechsel verlegte sich Atalanta primär auf das Verteidigen. Das schien lange gutzugehen, im Finish aber drehten die Pariser die Partie. Marquinhos traf nach Ballannahme und Querpass von Neymar mit einem abgefälschten Schuss aus kurzer Distanz.
Die Entscheidung brachte drei Minuten später eine Kombination der beiden Superstars: Neymar bediente den im richtigen Moment gestarteten Mbappe, dessen Hereingabe versenkte Choupo-Moting. Bei den Parisern brachen alle Dämme. Zuletzt waren sie 1995 im Halbfinale der Königsklasse vertreten. Dort unterlagen sie damals dem AC Milan mit 0:1 und 0:2.