Salzburg schlägt alles. Damit kein Missverständnis aufkommt: In der Geburtsstadt des Grökompaz (größten Komponisten aller Zeiten) kommen nicht täglich fußballerische Wunderkinder à la Mozart auf die Welt, und es ist auch nicht der Größenwahn ausgebrochen, also dass der Klub nach dem 6:2-Triumph über Genk jetzt sowieso auch über Liverpool und Napoli drüberfahren wird. Nein, es ist das System, das zur Grundlage einer allgemeinen Fußballgesetzgebung führen könnte.
Die Erfolge des von Red Bull auf den Weg gebrachten Klubs brauchen in keinem Bereich Vergleiche mit weitaus größeren Vereinen zu scheuen. Allein in den vergangenen vier Jahren verbuchten die Salzburger einen Transfer-Gewinn von 200 Millionen Euro, das heißt Verkaufserlöse minus Ausgaben. Dies ist einer einzigartigen Personalpolitik geschuldet, die sich zum Ziel gemacht hat, junge Talente zu entwickeln und ab einem gewissen Reifegrad höherer Ordnung an einen Bestbieter abzugeben.
16 bis 19 Jahre
Die primäre Zielgruppe für die Salzburger ist laut Sportchef Christoph Freund jene der 16- bis 19-Jährigen. Und damit der Kreis der Kandidaten eingeengt werden kann, gilt eine Devise: „Sie müssen zu unserem Stil passen. Mentalität schlägt Talent, dadurch fallen schon sehr viele Anwärter weg“, erklärt Freund. Die Salzburger haben dazu ein weltumspannendes Netz aufgebaut mit rund zehn Scouts, die mögliche Spieler herausfiltern, vorzugsweise im europäischen, afrikanischen und asiatischen Raum. Ein wesentlicher Aspekt bei der Suche ist zuvor schon die digitale Zielfahndung, „das Videoscouting“, wie Freund erzählt.
Der Salzburg-Sportchef, dessen Vertrag erst vor einer Woche bis 2023 verlängert worden ist, geht davon aus, dass in den kommenden zwei, drei Jahren wiederum sechs, sieben neue Spieler im Kader aufscheinen werden, die entweder der eigenen Akademie entstammen oder jung geholt worden sind. „Es werden immer welche nachrücken, unsere Pipeline ist sehr gut gefüllt.“
Wer jetzt einwendet, dass Österreicher zuletzt rarer geworden sind, dem sei entgegnet, dass Salzburg allein in diesem Jahr mit Xaver Schlager, Hannes Wolf und Stefan Lainer drei Hochkaräter an die deutsche Bundesliga „verloren“ hat. „Es werden sicher wieder einheimische Spieler nachrücken“, meint Freund, der dabei von einem halben Dutzend ausgeht und außerdem auf die zahlreichen Nationalspieler mit Salzburg-Bezug verweist.
Die Gesamtstimmung muss passen
Das beständige Kommen und Gehen wie in einem Durchlauferhitzer sieht Freund keineswegs als Nachteil. „Es geht um die Gesamtstimmung, die muss passen, zu 100 Prozent“, wie der Sportchef betont. Dies scheine derzeit wieder der Fall zu sein. Spieler, die abgegeben wurden, wollten ja weg, und frei nach dem Motto, dass man Reisende nicht aufhalten soll, wird dann auch gehandelt. Denn jemand, der Abwanderungsgelüste hegt, kann nicht mehr vollkommen auf den Klub fokussiert sein. „Ein Spieler muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein.“
Dies erklärt auch, warum Spieler nahtlos in das System der Salzburger Mannschaft eingebaut werden können. Nach ein paar Monaten sind sie für regelmäßige Einsätze bereit. Dies ist in extremem Ausmaß am Beispiel des norwegischen Torjägers Erling Haaland zu beobachten, aber auch etwa am Franzosen Antoine Bernede, der im vergangenen Winter von Paris St. Germain geholt worden war und nach regelmäßigen Einsätzen in der Meisterschaft in der Champions League gegen Genk eine Topleistung ablieferte. Eine keineswegs schwache belgische Mannschaft war mit diesem Salzburger Stil überfordert. Wie es Liverpool und Napoli damit ergeht, wird mit Spannung erwartet.