Die Portugiesen dominieren ihre Meisterschaft noch mehr als Sturm und haben es dem Grazer Erfolgstrainer Christian Ilzer vor dem Wiedersehen mächtig angetan. „Sporting ist für mich aktuell eine der besten Mannschaften Europas“, sagte Ilzer. Der Sturm-Coach neigt vor internationalen Aufgaben zum Understatement, die Zahlen rund um den Sporting Clube de Portugal sind aber durchaus imposant. Nach acht Spielen mit acht Siegen in der portugiesischen Liga weist der Großclub aus Lissabon ein Torverhältnis von 27:2 auf. In der Champions League wurde Lille 2:0 geschlagen und beim 1:1 in Eindhoven remisiert.
Mit allen drei Teams kreuzte Sturm in jüngerer Vergangenheit mit wenig Erfolg die Klingen. Gegen Sporting schaute in der Europa League 2023 kein Punkt heraus. In Graz schienen die „Leões“ (Löwen) am ersten Spieltag noch zähmbar, das 1:2 fiel erst zehn Minuten vor Schluss. Das 0:3 von Lissabon ging dann als Synonym für Chancenlosigkeit in die Sturm-Historie ein. Eine körperlich schon ausgezehrte Ilzer-Elf war mit dem Ergebnis noch gut bedient. Der Niveauunterschied gegen einen enorm ballsicheren und bereits aufgestiegenen Gegner war eklatant.
Glaubt man den Sturm-Verantwortlichen, ist der 20-fache portugiesische Meister seither keinesfalls schlechter geworden. „Wenn du Benfica und Porto wie letztes Jahr klar abhängst, weiß man wie stark diese Mannschaft ist“, sagte Ilzer. Der Tabellen-31. von 36 Teams trifft nun auf den Zwölften. „Trotzdem wollen wir nicht vor Bewunderung erstarren, sondern uns richtig was zutrauen.“
Gegen Brest (1:2) und Brügge (0:1) gelang das nur in Phasen. Die Formkurve der Grazer aber zeigt im Kollektiv nach oben. Das 5:0 gegen Salzburg und 5:2 im Derby gegen den GAK sind laut Ilzer nicht zuletzt auf „Learnings aus der Champions League“ zurückzuführen. Er stellt „ein gutes Momentum“, einen „Flow“ rund um sein Team fest. Ilzer sah aber auch, dass seine Elf selbst in der Bundesliga gegen einen harmlosen GAK mitunter die Balance verlieren kann. Durch die Verletzungen von Jon Gorenc Stankovic und Gregory Wüthrich fehlt Routine.
„Wir können viel Selbstvertrauen aus den letzten Spielen mitnehmen. Aber wir sollten auch in der Champions League beginnen, gute Leistungen in Ergebnisse zu gießen“, sagte Stürmer Mika Biereth. „Wir gehen mit einem guten Gefühl rein“, versprach der Außenverteidiger Jusuf Gazibegovic nach dem Derbysieg. „Ich hoffe, dass wir dieses Gesicht auch in der Champions League zeigen und Sporting somit voll fordern können.“
Der Gegner kreuzt als eingespielte Truppe auf, die im Sommer noch einmal um 50 Millionen Euro verstärkt wurde. Während Sturm für Biereth die Club-Rekordablöse von 4,7 Mio. Euro hinblätterte, holten die Portugiesen Biereths dänischen U21-Teamkollegen Conrad Harder für 19 Mio. Euro von Nordsjaelland als Ersatzmann für Einserstürmer Viktor Gyökeres. Dieser trifft im Schnitt alle 81 Minuten für Sporting und ist mit 29 Toren im Kalenderjahr mit weitem Abstand die Nummer eins in den Top-10-Ligen Europas. Erling Haaland, Harry Kane und Robert Lewandowski folgen mit je 23 Toren. Dass der wuchtige Mittelstürmer im Nations-League-Herbst viermal für Schweden scorte, ist da noch gar nicht berücksichtigt.
Der Sporting-Trainer heißt noch Ruben Amorim. Der Portugiese galt lange Zeit als Favorit auf die Nachfolge von Jürgen Klopp in Liverpool, hatte letztlich aber gegenüber Arne Slot das Nachsehen. Medial kolportiert wird, dass die Verantwortlichen der Reds Amorims bevorzugtes 3-4-3 als möglicherweise zu große systematische Umstellung sahen. „Wer weiß, auf welcher Kommandobrücke man den Trainer nächstes Jahr sieht“, geht Ilzer von keiner allzu langen Verweildauer des 39-Jährigen in Lissabon mehr aus. Seine Abwehr musste Amorim zuletzt umbauen. Mit Ousmane Diomande fällt der zentrale Innenverteidiger wegen einer Knöchelverletzung auch gegen Sturm aus.
Die Grazer hätten sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert, meinte Amorim. „Sie haben einen viel stärkeren Stürmer. Und sie haben einen Mittelfeldspieler dazugewonnen, der ihnen mehr Qualität am Ball verleiht“, sagte der Sporting-Trainer auf der Pressekonferenz in Klagenfurt mit Blick auf Biereth und Malick Yalcouye. Er prophezeite eine intensive Partie. „Wir werden in den Zweikämpfen und im Kampf um zweite Bälle sehr gefordert sein. Auf das müssen wir vorbereitet sein und den Ball, wenn wir ihn haben, nicht verlieren.“