Red Bull Salzburg ist wieder einmal auf dem harten Boden der Realität gelandet. Jugend und Unerfahrenheit seiner Truppe will Trainer Pepijn Lijnders aber nicht als Grund für die zweite empfindliche Niederlage im zweiten Champions-League-Spiel gelten lassen. „Ich habe es satt, dass uns die Leute als jung bezeichnen, das ist keine Entschuldigung“, betonte der Niederländer nach dem 0:4-Heimdebakel am Dienstag gegen Stade Brest. Seinen Kader hält er für gut genug.

„Wir haben genug Qualität, Spiele in der Champions League zu gewinnen“, meinte Lijnders. „Ich bin sehr happy mit der Truppe, die ich hier habe.“ Sie offenbarte gegen den Tabellen-13. der französischen Ligue 1, der in der Vorsaison als Ligadritter überrascht hatte, aber auch ihre Schwächen. Trotz zahlreicher Großchancen gelang den Bullen wie beim 0:3 zum Auftakt bei Sparta Prag kein Torerfolg. Im Strafraum fehlte die Kaltschnäuzigkeit, dazu mischten sich grobe Unzulänglichkeiten in der Defensive.

Lijnders stellte sich vor seine Mannschaft und übernahm die Verantwortung. „Nach außen bin ich nett, nach innen streng“, behauptete der frühere Co-Trainer von Jürgen Klopp bei Liverpool. „Wir werden keine Ausreden suchen.“ Nach Spielende hielt der 41-Jährige in der Kabine eine kurze Ansprache. Seine Mannschaft hatte sich zuvor nicht bei den enttäuschten Heimfans verabschiedet. „Ich war sehr klar in dem, was ich gesagt habe. Fußball ist so, es geht sehr schnell“, erklärte Lijnders. „Man muss lernen.“

Die Sprechchöre für Alexander Schlager sind auch dem Trainer nicht entgangen. Sie hallten noch lange nach Spielende durchs Stadion. Lijnders hatte mit der Entscheidung, den damals verletzten ÖFB-Teamtorhüter im Sommer zum Reservisten zu degradieren und Neuzugang Janis Blaswich zum Stammkeeper und auch gleich zum Kapitän zu machen, im Umfeld der Salzburger für einiges Unverständnis gesorgt. Blaswich befeuerte die Torhüter-Diskussion, indem er gegen Brest zum wiederholten Mal einen Ball nach vorne abprallen ließ und so das 0:3 kassierte.

Lijnders äußerte sich zurückhaltend zur Situation und auch zum Unmut der Fans. „Zuerst muss ich mich mit den Beziehungen im Team auseinandersetzen. Im Fußball ist es immer so: Wenn der Vorstand, das Management, die Mannschaft, das Betreuerteam und die Fans auf dieselbe Art und Weise denken und dasselbe wollen, dann können gute Dinge passieren.“ Aktuell scheint das nicht von allen Seiten der Fall. „Für mich ist das Wichtigste, dass wir gemeinsam gewinnen und gemeinsam verlieren“, betonte der Chefcoach.

Seinem Rotationsprinzip blieb er treu, die Startelf war erneut an vier Positionen verändert. Auch das Attackieren besonders weit in der gegnerischen Hälfte scheint Programm - selbst wenn es sein Team in der Defensive exponiert. Die Fehler würden wie nach jedem Spiel aufgearbeitet, versicherte Lijnders. Sein Kopf ist bereits beim Ligaschlager am Sonntag (17.00 Uhr) in Graz gegen Sturm. „In vier Tagen spielen wir eines der wichtigsten Spiele in diesem Bewerb. Da darfst du nicht jammern oder Ausreden suchen. Es wird eine große Aufgabe, jeden wieder in den richtigen Spirit zu bringen.“ Mittelfeldmotor Mads Bidstrup formulierte es so: „Wir müssen eine Lösung finden und am Sonntag eine Reaktion zeigen.“

In der Königsklasse scheint der Aufstieg nach zwei von acht Runden der neuen Ligaphase fast schon illusorisch. Der Datendienstleister Opta beziffert die Wahrscheinlichkeit, mit neun Punkten am Ende zu den besten 24 von 36 Teams zu gehören mit 69 Prozent. Bei acht Punkten sind es nur noch 16 Prozent, unter sieben Zählern habe man überhaupt keine Chance. Dazu kommt bei Salzburg das mit 0:7 bereits sehr schlechte Torverhältnis - und dass die Gegner immer schwieriger werden.

Zuerst wartet am 23. Oktober noch ein Heimspiel gegen Dinamo Zagreb. Im November geht es zu Feyenoord Rotterdam und Bayer Leverkusen, ehe zum Abschluss im Winter Duelle mit den Topclubs Paris Saint-Germain (heim), Real Madrid (auswärts) und Atletico Madrid (heim) anstehen. „Dass es nicht leichter geworden ist, ist klar“, sagte Lijnders über die Aufstiegschancen. „Es ist nicht unmöglich, nichts ist unmöglich.“ Nach der starken Qualifikation hätte man sich aber einen ganz anderen Start in die Champions League erwartet. „Jetzt sind wir hier an diesem Punkt. Wir müssen mehr tun und die Dinge besser machen. Das ist immer die Lösung im Leben.“