Einst hieß der Klub „Dinamo Kiew“ und begründete nicht zuletzt die hohe Schule des Fußballs in der UdSSR; nicht zuletzt Ralf Rangnick hat als jungem Trainer ein Spiel des Vereins, damals schon vom legendären Walerij Lobanowski trainiert, die Augen geöffnet. Heute schreibt sich der Klub „Dynamo Kyiv“, man will sich – verständlicherweise – von allem Russischen abgrenzen. Erfolge soll es weiterhin geben, am besten auf internationaler Ebene. Am Mittwoch (21.00 Uhr/Canal + live) empfängt man den FC Salzburg im Hinspiel des vielleicht wichtigsten Duells des Jahres: Es geht im Play-off um den Einzug in die Champions League. Allerdings nicht in der Ukraine, aufgrund des Krieges muss man auch hier über die Grenze. Kiew, oder Kyiv, übersiedelt dafür nach Lublin über die Grenze nach Polen.
Fans dürfen keine mit. „Ein Fußballspiel ist kein Grund, um aus dem Land ausreisen zu dürfen“, erklärt Oleksandr Hlyvynskyi, Präsident der ukrainischen Sport-Journalisten. Zwar leben in Polen seit Ausbruch des Krieges rund eine Million Ukrainer, doch sind die Spiele des Traditionsvereins trotzdem eher spärlich besucht. Doch gibt es weit mehr Motivation für die Spieler als „nur“ die Fans oder gar die Millionen, die in der Champions League winken. Schon nach dem Aufstieg über die Glasgow Rangers hatte Dynamo-Präsident Ihor Surkis gemeint: „Die Spieler kämpfen nicht um Geld, sondern um die Ukraine. Sie wollen beweisen, dass sie Männer sind. Ich verstehe also, dass dieser Sieg nicht nur für die Jungs, sondern für die ganze Ukraine und für alle, die den ukrainischen Fußball unterstützen, notwendig ist.“
Die Zusammensetzung des Kaders hat sich seit Ausbruch des Krieges wesentlich verändert. Mit dem Kolumbianer Brayan Ceballos, dem Senegalesen Samba Diallo und dem Niederländer Justin Lonwijk stehen gerade noch drei Ausländer im Kader von Trainer Oleksandr Schowkowskyj. Dafür aber mit Routinier Andriy Yarmolenko, Volodymyr Braschko, Spielmacher Mykola Schaparenko, Wladyslaw Wanat und Tormann Georgiy Buschtschan gleich fünf Mann aus dem ukrainischen EM-Kader. Dieser wird ausgefüllt durch Spieler der eigenen Dynamo-Akademie. „Braschko und Nazar Voloshyn sind so in den Kader gekommen“, sagt Hlyvynskyi. Schaparenko sei das „Hirn“ der Mannschaft, Yarmolenko seit seiner Rückkehr aus Saudi-Arabien nach wie vor ein wesentlicher Faktor: „Er ist der Kapitän, er ist nach wie vor gut, um zu Beginn des Spieles den ein oder anderen Pass, den ein oder anderen Sprint zu machen. Aber für 90 Minuten reicht die Kraft nicht mehr.“
In der heimischen Meisterschaft hat Dynamo Kyiv den Platz an der Sonne abtreten müssen, da hat im vergangenen Jahrzehnt Schachtar Donezk das Zepter übernommen. Doch: „Die Menschen in der Ukraine erwarten nach wie vor alles von Dynamo. Etwa den jährlichen Einzug in die Champions League“, sagt Hlyvynskyi. In Kriegszeiten geht es aber nicht nur darum, beteuern alle. „Wir haben die Möglichkeit, jenen, die für unsere Freiheit und unsere Unabhängigkeit kämpfen, ein paar positive Momente zu schenken – das ist etwas ganz, ganz Wichtiges für uns“, betonte Schowkowskyj. Und Präsident Surkis, der mit seinem Bruder nicht immer ganz zweifelsfreie Rollen im Spiel des ukrainischen Fußballs innehatte, wird das auch vor dem Salzburg-Spiel noch einmal unterstreichen. Als besondere Motivationsspitze. Aber, behauptet Hlyvynskyi: „Wir wissen schon, dass in diesem Duell Salzburg der Favorit ist. Die waren ja jahrelang in der Champions League.“