Seit dem Start der Fußball-Champions-League 1992/93 hat Real Madrid bei allen acht Final-Auftritten den Titel geholt. Zuletzt verloren die Königlichen 1983 ein Europacup-Finale (im Cup der Cupsieger gegen Aberdeen). Am Samstag (21.00 Uhr/live ServusTV, Sky, ZDF) will Borussia Dortmund ausgerechnet im Unglücksort London dieser Serie ein Ende setzen. Mit BVB-Mittelfeldmotor Marcel Sabitzer wird nach David Alaba wohl ein zweiter Österreicher in einem CL-Finale spielen.
Real hat die Champions League oder den Vorläufer-Wettbewerb Europapokal der Landesmeister bereits 14 Mal gewonnen - so oft wie kein anderer Club. Das diesjährige Endspiel bedeutet für die Madrilenen das 18. Finale im prestigeträchtigsten Vereinswettbewerb. Dortmund steht hingegen erst zum dritten Mal im Finale der Königsklasse. 1997 überraschten die Borussen gegen Juventus Turin und gewannen den Pokal, 2013 unterlagen die Schwarz-Gelben im Wembley-Stadion dem FC Bayern.
Den Champion bezwingen
„Aber das zählt alles nicht. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass in einem Spiel alles möglich ist“, sagte BVB-Coach Edin Terzic vor der Partie vor knapp 90.000 Zuschauern in Wembley selbstbewusst. „Unser Ziel ist es, die Champions League zu gewinnen, und dazu muss man die Champions schlagen. Jetzt wartet der absolute Champion in der Geschichte und besonders in diesem Wettbewerb auf uns.“
Man habe „in dieser Stadt, in diesem Stadion, in diesem Finale noch eine Rechnung offen“, betonte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl. Er gehörte 2013 wie die noch aktiven Marco Reus und Mats Hummels zum Dortmunder Team, das im Finale 1:2 verlor. Dortmunds Idol Reus wird den Club nach dieser Saison verlassen, für den ab Freitag 35-Jährigen ist es die letzte Chance auf einen großen Erfolg. Hummels (35) hat sich über seine Zukunft noch nicht geäußert.
Dass Dortmund heuer das Endspiel erreichte, mag viele überrascht haben. Die Deutschen setzten sich in der nominell vielleicht schwierigsten Gruppe F - mit Paris Saint-Germain, Milan und Newcastle - als Gruppenerster durch. Und das, obwohl das Team in der Bundesliga durchwachsene Leistungen ablieferte und sich mit dem fünften Platz begnügen musste. „Wenn jemand gezeigt hat, dass man in einem Spiel viel erreichen kann, waren wir das. Besonders in dieser Saison, besonders in diesem Wettbewerb“, hob Terzic hervor, dass seine Gruppe als Turniermannschaft offenbar gut funktioniert. Die Räume, die man im Gegensatz zum Bundesliga-Alltag oft vorfand, nutzte der BVB meist optimal.
Sabitzer mittlerweile unverzichtbar
Durchaus seinen Anteil daran hatte Sabitzer, der vor der Saison verpflichtet wurde, nachdem er bei Bayern auf das Abstellgleis geraten war. Der Mittelfeldmann ist nach Anlaufschwierigkeiten mittlerweile nicht mehr aus dem Team wegzudenken. Der 30-Jährige rackert unermüdlich in beide Richtungen, liefert Assists und erzielt auch selbst Tore. Sabitzer wird, sofern er wie erwartet spielt, erst der zweite Österreicher sein, der in einem Champions-League-Finale tatsächlich zum Einsatz kommt. Der andere ist ÖFB-Teamkapitän Alaba, der bereits dreimal die Champions League gewann und in allen drei Finali durchspielte.
„Ich kriege richtig viel Vertrauen, dann kann ich auch befreit aufspielen. Von dem her macht es mir Riesenspaß, mit der Mannschaft zu performen“, betonte Sabitzer vor dem Finale. „Wichtig wäre, wenn ich es am Samstag auch noch einmal umsetzen kann und meinen Teil dazu beitragen kann.“
Real Madrid war in der laufenden Champions-League-Saison ebenfalls Gruppensieger. Mit der Maximalausbeute von 18 Punkten gewann die Truppe von Trainer Carlo Ancelotti den Pool C. Das „Weiße Ballett“, das weiter den verletzten Abwehrchef Alaba vorgeben muss, ist im laufenden Wettbewerb seit zwölf Partien ungeschlagen. Doch auch Dortmund kann diesbezüglich auf eine stolze Serie verweisen: Von den vergangenen elf Begegnungen im Europacup musste man sich nur einmal geschlagen geben und blieb dabei in sechs Spielen ohne Gegentor.
„Eine fantastische Saison“
Ancelotti sieht Real demgemäß nicht in der Favoritenrolle. „Wir denken daran, gegen einen Gegner zu spielen, der es verdient hat, das Finale zu erreichen, nachdem er Spitzenmannschaften wie PSG und Atletico Madrid ausgeschaltet hat. Borussia ist eine Mannschaft mit Qualität, Engagement und Einstellung“, sagte der Italiener. Das treffe aber auch auf sein Team zu. „Jetzt vergisst es jeder, aber wir haben die Verletzung von Courtois, Militão und Alaba im Kopf. Dann kam die zweimonatige Pause von Vini (Vinicius Junior, Anm.), die von Bellingham, Camavinga und Tchouameni. Trotz all dem haben uns die Einstellung und das Engagement eine fantastische Saison beschert.“
In der K.o.-Phase hat Real mit RB Leipzig im Achtelfinale und zuletzt im Semifinale Bayern München bereits zwei deutsche Vertreter eliminiert. Folgt im Finale der dritte Streich? So oder so wird einer der Eckpfeiler der Mannschaft in London seine letzten Minuten im Vereinsfußball bestreiten: Toni Kroos beendet nach der EM in seinem Heimatland Deutschland die Karriere. „Ehrlich gesagt, denke ich dabei sehr wenig an mich. Es ist das wichtigste Spiel überhaupt für die gesamte Mannschaft und das wollen wir erfolgreich bestreiten“, sagte der 34-Jährige. Unglaubliche 22 Titel in zehn Jahren gewann der Mittelfeld-Maestro mit den Königlichen. Nummer 23 soll am Samstag folgen.