Mehr als 87 Minuten lang zeigte Manuel Neuer, warum er von vielen als bester Torwart aller Zeiten gesehen wird. Mit teils sensationellen Paraden brachte der Akteur des FC Bayern die Spieler von Real Madrid zur Verzweiflung. Doch dann passierte ihm ein Missgeschick, das dem deutschen Rekordmeister letztlich den Aufstieg ins Finale der Champions League kosten sollte. Denn nach einem harmlosen Weitschuss von Vinicius ließ Neuer den Ball nach vorne abprallen, Joker Joselu bedankte sich artig und staubte zum 1:1 ab. Doch im ausverkauften Santiago-Bernabeu-Stadion sollten die Bayern noch einen viel härteren Rückschlag hinnehmen müssen. Anstatt mit dem Gesamtscore von 3:3 – das Hinspiel in München endete mit 2:2 – in die Verlängerung zu gehen, erlebte die Mannschaft von Trainer Thomas Tuchel ein Deja-vu von einem Ereignis, das 25 Jahre zurückliegt.
1999 gaben die Bayern im Finale der Champions League gegen Manchester United einen 1:0-Vorsprung in der Nachspielzeit aus der Hand und verloren in Barcelona mit 1:2. Diesmal war es wieder spanischer Boden, der den Bayern das niederschmetternde K.o. bescherte. Denn drei Sekunden nach Ende der regulären Spielzeit sollte es wieder Joselu sein, der nach einem Querpass des deutschen Innenverteidigers Antonio Rüdigers abermals nur den Fuß hinhalten musste. Eine zuerst entschiedene Abseitsstellung wurde vom VAR zurückgenommen.
Dramatische Schlussphase
Bis die 81.000 Zuseher in der spanischen Hauptstadt jubeln durften, dauerte es aber lange. Die Partie entwickelte sich im Rückspiel spiegelverkehrt zum Hinspiel vor acht Tagen. Waren es die Münchener, die in der Vorwoche den Ton angaben, dominierte diesmal Real nach Belieben. Neuer ließ sich aber nicht beirren und wehrte sämtliche Versuche der Königlichen ab. In der 13. Minute half die Stange mit, als der überragende Vinicius den Ball an den Pfosten hämmerte. Die Gäste schafften es immer wieder, Entlastungsangriffe zu tätigen und für Nadelstiche zu sorgen. Doch die erste Hälfte ging ohne Tore zu Ende.
In einem offenen Schlagabtausch nach der Pause ging es hin und her. Den ersten Torerfolg durften die Bayern verbuchen. Ausgerechnet Alphonso Davies, der immer wieder mit Wechselgerüchten zu Real Madrid in Verbindung gebracht wird, aber bei dem man in dieser Saison einen eklatanten Leistungsabfall beobachten konnte, traf mit einem Schuss ins lange Eck. Dabei war er nach einer Verletzung von Serge Gnabry erst im Laufe der ersten Hälfte ins Spiel gekommen. Gebracht hat es am Ende nichts. Die Bayern, bei denen Konrad Laimer durchgespielt hat, bleiben in dieser Saison ohne Titel. Stürmerstar Harry Kane, der zu Saisonbeginn auch deshalb von Tottenham an die Säbener Straße gewechselt war, um endlich eine Trophäe in die Höhe stemmen zu dürfen, hat trotz einer überragenden Torquote (44 Pflichtspieltore) anscheinend kein Titelglück gebracht.