Fragt man Fußball-Fans danach, warum sie den FC Bayern nicht ausstehen können, bekommt man sehr oft die Antwort zu hören, dass der Dusel und der Umgang mit den damit eingefahrenen Erfolgen den deutschen Rekordmeister, der noch dazu oftmals kein spielerisches Feuerwerk abbrannte, sondern durch Effizienz auftrumpfte, jahrzehntelang so unsympathisch gemacht hat.
Wer sich das Halbfinal-Hinspiel der Champions League zwischen den Bayern und Real Madrid angeschaut hat, dachte sich lange, dass sich die Rollen vertauscht haben. Denn die Deutschen, denen diese Gabe auch schon in der laufenden Bundesliga-Saison von Meister Leverkusen entzogen worden ist, dominierten die Partie anfänglich nach Belieben und erarbeiteten sich unzählige Tormöglichkeiten. Das Tor erzielten jedoch die Spanier aus dem ersten vielversprechenden Angriff. Ausgerechnet der Ex-Bayer Toni Kroos schickte Vinicius auf die Reise. Der Brasilianer schob den Ball an Torhüter Manuel Neuer zum 1:0 vorbei (24.).
Doppelschlag für die Bayern
Aber die Bayern, die heute möglicherweise ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick als neuen Cheftrainer für die neue Saison vorstellen könnten (Sportdirektor Christoph Freund: „Wir führen Gespräche“), blieben weiter dran, setzten auf konstruktive Fußballkunst, die man historisch eher von den Königlichen zu sehen bekommen hat, und schlugen nach der Pause zurück. Erst versenkte Leroy Sane per Weitschuss (53.), vier Minuten später blieb Harry Kane vom Elfmeterpunkt eiskalt. Edeltechniker Jamal Musiala wurde zuvor von Lucas Vasquez von den Beinen geholt.
Letztlich trennten sich die beiden Klubs im für viele vorgezogenen Endspiel mit 2:2. Denn Vinicius (“Uns muss man immer auf der Rechnung haben. Uns darf man nie abschreiben. Jetzt wollen wir zu Hause alles klarmachen“) traf per Elfmeter, nachdem Bayerns Min-jae Kim, der schon zuvor als Unsicherheitsfaktor auffiel, Rodrygo mit unsauberen Mitteln foulte (83.). Damit bleibt für das Rückspiel alles offen. Für die Bayern, bei denen ÖFB-Legionär Konrad Laimer durchspielte und vor allem gegen den Ball überragend agierte, ist der Triumph in der Champions League die letzte Möglichkeit, die Saison doch noch mit einem Titel abzuschließen.