0:3 in der Liga bei Bayer Leverkusen, 0:1 bei Lazio Rom in der Champions League: Erstmals seit Anfang 2021 hat der FC Bayern zwei Pflichtspiele in Folge verloren. Das Drohgespenst titellose Saison wurde im Lager des deutschen Fußball-Rekordmeisters innerhalb weniger Tage präsenter. Dass die Stimmung alles andere als gut ist, erklärt sich angesichts der hohen Ansprüche von selbst. Bayern-Coach Thomas Tuchel verneinte allerdings die Frage, ob er sich Sorgen um seinen Job mache.
Mit Blick auf die Statistik muss er das aber sehr wohl. Der 50-Jährige kassierte in seinem 43. Pflichtspiel als Coach der Münchner schon die zehnte Niederlage. So oft hatte sein Vorgänger Julian Nagelsmann in dessen 84 Partien verloren. Eine Trainerdiskussion wurde vom Club aber nicht losgetreten. „Wir sitzen alle in einem Boot. Es ist jetzt nicht einfach, aber wir werden da gemeinsam rauskommen, das ist unser großes Ziel“, sagte Sportdirektor Christoph Freund.
Der Ex-Salzburg-Sportchef erlebe Tuchel tagtäglich, wie er mit der Mannschaft, die zuletzt in der Saison 2011/12 keinen Titel holte, umgehe und trainiere. „Er kämpft natürlich auch mit der Situation, weil er die Mannschaft anders sehen will auf dem Platz. Ich bin aber überzeugt, dass es wieder besser wird“, sagte der 46-Jährige. Darauf hoffen auch die Spieler. „Klar ist die sportliche Situation aktuell nicht gut und alles andere, was der FC Bayern sich vorstellt, das ist völlig klar. Trotzdem arbeiten wir jeden Tag dran, wir Spieler und der Trainer auch, den Bock umzustoßen“, verlautete Thomas Müller.
Auf die Frage ob Tuchel noch der richtige Trainer sei, antwortete der Stürmer: „Da sind wir Spieler erstens die völlig falschen Ansprechpartner. Und das ist auch ein Stück weit respektlos.“ Tuchel selbst wollte nicht näher auf seine Zukunft eingehen und über die Partie sprechen. Über das im Stadio Olimpico Gesehene war er „frustriert“ und „sauer“. Man habe in der zweiten Hälfte komplett den Faden verloren, die Partie daher selbst verspielt, nicht aufgrund der Stärke von Lazio.
Vor der Pause hatten die Gäste das Spiel unter Kontrolle und hätten bei zwei Topchancen in Führung gehen müssen. Beide Male verfehlte der Ball das Gehäuse, auch danach musste sich Lazio-Goalie Ivan Provedel nicht auszeichnen. Entscheidend war am Ende ein unnötiges, hartes Einsteigen von Dayot Upamecano gegen Gustav Isaksen im Strafraum, das mit einer Roten Karte plus Elfmeter geahndet wurde. Ciro Immobile nahm das Geschenk an und traf in der 69. Minute vom Punkt. Tuchel bezeichnete das Foul als „unnötig“. Der Ex-Salzburger habe „keine Not“ gehabt, „da überhaupt die Bewegung zu machen“. Den Schuss zu blocken hätte gereicht.
Rassistische Angriffe gegen den 25-jährigen Franzosen in den sozialen Medien, die es auch in der Vergangenheit schon gegeben hatte, waren die unschöne Folge. Bayerns Vorstandschef Jan-Christian Dreesen verurteilte diese aufs Schärfste: „Da kann ich nur sagen, das ist verabscheuungswürdig. Diese Art von rassistischem Mob, das ist nicht unsere Welt. Das ist nicht der FC Bayern. Das ist was, das wir uns nicht gefallen lassen.“
Akzeptieren mussten die zu ihrem gewohnten Spielsystem zurückgekehrten Münchner den nächsten Rückschlag, nachdem am Samstag in der Liga der Rückstand auf Leverkusen auf fünf Zähler angewachsen war. Zwei Negativerlebnisse in Folge hatte es für die Bayern zuletzt Anfang 2021 gegeben, als nach einem 2:3 in der Liga in Gladbach ein Out in der 2. DFB-Pokal-Runde bei Holstein Kiel nach Elfmeterschießen gefolgt war. Nun gilt es den Turnaround am Sonntag beim Tabellen-14. VfL Bochum zu schaffen.
„Es bringt nichts, mit dem Finger aufeinander zu zeigen. Es geht nur zusammen“, betonte Tuchel. Tormann und Kapitän Manuel Neuer mahnte intern Klartext an: „Wir müssen den Finger in die Wunde legen.“ Aber er rief nach zwei punktlosen Auftritten auch ohne Torerfolg auch zum Zusammenhalt auf: „Es bringt nichts, jetzt auseinanderzufallen: Wir brauchen Erfolgserlebnisse, wir brauchen Erfolgsmomente. Es geht nur über Siege, über Tore, über Sicherheit, die du bekommst.“
Das Rückspiel folgt am 5. März. Da will Lazio die Revanche für das Ausscheiden vor drei Jahren im Achtelfinale der „Königsklasse“ perfekt machen. „Beeindruckendes Lazio. Das Viertelfinale ist kein Wunder mehr“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“. Und in der „Corriere della Sera“ war zu lesen: „Mit Seele, Herz und Organisation wird das Unmögliche möglich. Lazio hat die Bayern, einen Giganten auf tönernen Füßen, in die Knie gezwungen.“
Für Lazio war es der erste Erfolg in der CL-K.o.-Phase seit einem 1:0 gegen Valencia im April 2000. Laut Coach Maurizio Sarri sei die taktische Disziplin, der Einsatz und die Leidenschaft seiner Truppe belohnt worden. Der 65-jährige Italiener hatte aber gemischte Gefühle: „Wir sind zufrieden, weil wir eine der stärksten Mannschaften Europas besiegt haben, bedauern aber, dass der Sieg nicht höher ausgefallen ist.“