Europacupsieger Gernot Trauner – das würde doch gut klingen, oder?
Gernot Trauner: Ich beschäftige mich nur mit dem Spiel selbst. Das ist jetzt seit Wochen präsent und trotzdem noch immer schwer fassbar. Wir sind der große Außenseiter, aber es ist ein einziges Spiel, und es haben schon ganz andere Außenseiter solche Duelle gewonnen.
Haben Sie einen besonderen Bezug zu Gegner AS Roma? Die Italiener sind ja eine große Nummer im europäischen Fußball.
Nein, der italienische Fußball hat es mir nicht so angetan. Ich verfolge ihn natürlich wegen den Österreichern wie Marko Arnautovic oder Maximilian Ullmann. Aber es ist keine große Ehrfurcht da. Ich hätte vor der intensiven Vorbereitung auf das Match keine fünf Namen aufzählen können. Aber die Qualität ist natürlich enorm.
Der ganz große Star spielt nicht, sondern ist mit Jose Mourinho der Trainer. Was halten Sie von ihm, Sie kennen ihn ja von den Spielen des LASK gegen Tottenham?
Er ist eine richtige Legende und hat schon unglaublich viele Titel gewonnen. Im Spiel bekommt man vom gegnerischen Trainer nicht viel mit. Aber seine Teams sind immer top und auch variabel eingestellt.
Was macht den Erfolg Ihres Teams Feyenoord aus?
Wir haben eine sehr gute Qualität im Kader, hervorragende Einzelspieler, die ein Match entscheiden können, und sind sehr stabil. Die Moral ist sensationell. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Spiele wir schon gedreht haben. Als Verteidiger wäre es mir lieber, wenn Spiele öfter nur 1:0 enden würden und wir weniger konteranfällig wären. Unseren sensationellen Fans gefällt es natürlich, dass es bei uns stets spektakulär ist und immer viele Tore fallen.
Wie sehr schmerzt es dann, dass heute in Tirana nur 22.000 Zuschauer ins Stadion dürfen?
Das tut extrem weh. Wir hätten das Stadion locker auch alleine komplett gefüllt. Es sind aber nur 3000 Karten an unseren Verein gegangen – aber die Fans werden so wie bisher trotzdem mitkommen. Wer weiß, wie kreativ sie am Ende beim Beschaffen von Tickets sind.
Wer begleitet Sie zum Finale?
Meine Frau Judith, meine Eltern, mein Bruder Peter, der überall mit dabei war und immer Glück gebracht hat. Ein paar enge Freunde bekomme ich auch noch ins Stadion hinein. Aber auch für uns Spieler ist das Kontingent extrem klein. So ein Finale erlebst du nur einmal im Leben. Natürlich möchte man diesen einzigartigen Moment dann auch teilen.
Wie sehr hat sich Ihr Leben im Vergleich zu Linz verändert?
Es ist komplett anders. Durch die Erfolge wird man überall erkannt und kann nirgends mehr hingehen, ohne angesprochen zu werden. Das stört mich nicht, weil alle nett und höflich sind und es ja schön ist, wenn man gemeinsam so viele Erfolge feiert. Es ist aber ungewöhnlich.
Ihre Frau und Ihre drei Kinder leben jetzt auch in Rotterdam?
Ja, wir leben am Stadtrand, in einem Haus mit Garten. Es gibt so viel zu sehen, so viele Attraktionen für die Kinder. Das Meer ist nur 30 Minuten entfernt, auch Den Haag liegt ganz in der Nähe. Die beiden Mädchen gehen in eine internationale Schule und lernen schon fleißig Englisch. Unser Jüngster hält uns daheim auf Trab, es ist immer etwas los.
Sie stehen im ÖFB-Teamkader. Hat es einen Anruf von Teamchef Ralf Rangnick gegeben?
Nein, aber ich habe mich gefreut, dass meine Leistungen mit einer Einberufung honoriert werden, und ich hoffe, dass ich meinen Teil zum Erfolg des Nationalteams beitragen kann.
Was halten Sie vom Umbruch im Nationalteam?
Ich habe es äußerst mutig empfunden, dass die Wahl auf Ralf Rangnick gefallen ist. Man versucht, etwas anderes zu machen, es hätte ja auch eine 08/15-Entscheidung geben können.
Harald Bartl