"Ein Boykott hilft niemandem. Man kann mit so einem Turnier Aufmerksamkeit in der ganzen Welt erzeugen und Dinge in die richtige Richtung bringen", sagte Joachim Löw am Samstag.
Auch Joshua Kimmich hält einen Verzicht auf das Turnier im umstrittenen Golf-Emirat für kontraproduktiv. "Generell bin ich der Meinung, dass wir für einen Boykott zehn Jahre zu spät dran sind", sagte der Bayern-Profi angesichts der lange zurückliegenden Vergabe des Turniers an Katar durch den Weltverband FIFA. "Im Fußball hat man die Chance, auf Dinge hinzuweisen. Da sehe ich nicht nur uns in der Pflicht, sondern auch andere Teile der Bevölkerung", sagte Kimmich.
Die deutschen Spieler hatten am Donnerstagabend vor dem Anpfiff gegen Island Shirts mit Buchstaben getragen, die gemeinsam das Wort "Human Rights" bildeten. Allerdings wurde auch Kritik laut: Der gute Grundgedanke der Aktion werde durch ein Marketingvideo verwässert und beschädigt, äußerten mehrere Nutzer im Internet. Löw betonte, die Aktion sei "aus Eigeninitiative" der Spieler entstanden und nicht wie behauptet auf Geheiß des Verbandes. "Nicht alles, was beim DFB oder der Nationalmannschaft passiert, ist negativ", sagte er.
Am gleichen Tag nutzte Norwegens Team die WM-Quali-Bühne neuerlich. Erling Haaland und Co. präsentierten vor dem Spiel gegen die Türkei in Malaga weiße Shirts mit dem Aufdruck: "Human rights - On and off the pitch" (Menschenrechte - auf und neben dem Platz). Außerdem waren Norwegen und Deutschland darauf mit einem Haken versehen, darunter stand "Next?" - wer folgt als nächstes? Dazu hatten die Spieler ihre linke Hand mit fünf abgespreizten Fingern erhoben.
Fast zeitgleich gab auch die niederländische Auswahl eine gesellschaftliche Botschaft ab. "Football Supports Change" ("Fußball unterstützt Wandel") stand auf den schwarzen T-Shirts, die die Spieler gegen Lettland bis kurz vor dem Anpfiff trugen. Danach spielte die Mannschaft von Bondscoach Frank de Boer in Amsterdam in ihren traditionellen Oranje-Trikots.
Das dänische Nationalteam will beim Qualifikationsspiel gegen Moldau am Sonntag nachziehen. "Der Druck auf Katar sollte von mehreren Seiten erhöht werden", teilte der dänische Fußballverband DBU mit. Dabei gehe es um Verbesserungen der Lage für Gastarbeiter und andere Menschen in Katar, so Österreichs Gruppengegner. "Die Entscheidung, die WM in Katar abzuhalten, ist verkehrt und umstritten", erklärte DBU-Direktor Jakob Jensen. Es brauche Druck vonseiten der Verbände, aber auch von UEFA, FIFA und anderen Organisationen. Wie die Aktion konkret aussehen sollte, verrieten die Dänen nicht. Sie finde jedoch in Zusammenarbeit mit den Spielern aus den Niederlanden statt.