Der Regierungspalast von Buenos Aires wurde am Tag nach dem Tod von Diego Armando Maradona zur Pilgerstätte in skurriler Szenerie. Um zum aufgebahrten Leichnam ihres Idols vordringen zu können, warteten die trauernden Argentinier in abgesperrten Bereichen und langen Schlangen.

"Er war ein außergewöhnlicher Spieler. Wir stehen für immer in seiner Schuld", sagte Argentiniens Staatschef Alberto Fernandez im Fernsehsender TyC Sports. Im Stadion der Boca Juniors, bei denen Maradona entscheidende Schritte zum Weltstar gemacht hatte, brannte in der Nacht nur ein Licht - in der Loge Maradonas.

"Was Diego für den Fußball und dafür getan hat, dass wir uns alle in dieses schöne Spiel verliebt haben, ist einzigartig", sagte FIFA-Präsident Gianni Infantino. Der Argentinier, der mit so vielen Höhen und Tiefen eigentlich zu viel für ein einziges Leben erlebt hatte, war am Mittwoch im Alter von nur 60 Jahren in seinem Haus in Tigre an einem Herzinfarkt gestorben und sollte noch am Donnerstag auf dem Friedhof der Gemeinde Bellavista im Nordwesten von Buenos Aires beigesetzt werden.

"Als Spieler, geschweige denn als Mann, der ein düsteres Lebensepos lebte, war er sui generis und beschwor einen Zauber herauf, den niemand übertreffen konnte", schrieb der britische "Telegraph" am Donnerstag, in Italien die "Gazzetta dello Sport": "Der Fußball weint um den Größten von allen."

Fast unmittelbar nachdem die Nachricht die Welt schockiert hatte, waren in Buenos Aires zahlreiche Menschen auf die Straßen geströmt, um gemeinsam zu trauern. Die Sorgen der Corona-Pandemie wurden zurückgestellt. Vor dem Boca-Stadions La Bombonera und dem Obelisken im Stadtzentrum entzündeten sie Kerzen und legten Blumen nieder.

"Er ist eine Legende. Wir werden ihn vermissen", sagte eine Frau namens Patricia im Fernsehsender TN. Sie saß vor dem Stadion-Eingang auf dem Boden, umarmte ihren Sohn und kämpfte mit den Tränen. "Er wird als der Größte in Erinnerung bleiben." Auf elektronischen Anzeigetafeln über der Stadtautobahn und in U-Bahn-Eingängen war zu lesen: "Danke Diego".

Am Donnerstag wurde Maradonas geschlossener Sarg in der Casa Rosada von der argentinischen Flagge, einem Trikot der Nationalmannschaft und einem der Boca Juniors bedeckt. Viele bekreuzigten sich im Vorbeigehen oder warfen ihre Blumen und Trikots neben ihre verstorbene Ikone. Sie riefen: "Danke Diego", oder "Ich liebe dich, Diego".

Maradonas Anwalt Matias Morla kritisierte in einer Stellungnahme, dass die Rettungskräfte am Mittwoch nicht schnell genug gekommen seien und forderte eine Untersuchung. Maradona war erst vor zwei Wochen aus dem Krankenhaus entlassen worden, nachdem ihn Ärzte dort wegen einer Gehirnblutung operiert hatten.

In Neapel, wo Maradona von 1984 bis 1991 eine Ära geprägt hatte und noch immer gottgleich verehrt wird, wurde ein meterhohes Wandgemälde zur Trauerstätte. "Neapel trauert - Ciao Gott des Fußballs", stand auf einem Schild, das ein Mann an einer Tür anbrachte. Bis heute sind ihm die Menschen in der armen Region dankbar dafür, dass er den SSC Napoli 1987 und 1990 zu den bis heute einzigen Meisterschaften der Vereinsgeschichte und 1989 zum Gewinn des UEFA-Cups geführt hat.

In Buenos Aires rechnete die Regierung trotz der Pandemie mit bis zu einer Million Menschen, die Maradona die letzte Ehre erweisen wollten. Schon in der Früh bildete sich eine Hunderte Meter lange Schlange. Bevor der Regierungspalast für die Fans geöffnet wurden, waren in der Nacht bereits Maradonas Familie, enge Freunde und ehemalige Teamkollegen zu einer privaten Trauerfeier zusammengekommen.

"Er verlässt uns, aber er geht nicht weg, weil Diego ewig ist", schrieb Lionel Messi, Maradonas legitimer Nachfolger als Fußballheld, bei Instagram neben einem gemeinsamen Foto. "Ich behalte all die schönen Augenblicke in Erinnerung, die ich mit ihm erlebt habe."