In der heimischen Liga pfui, in der Champions League hui. Für den FC Barcelona läuft es im europäischen Wettbewerb derzeit weitaus besser als in der spanischen Fußball-Meisterschaft. Am Mittwoch holten die Katalanen mit einem 2:0 bei Juventus Turin ihren zweiten Sieg. "Das war unser bestes Spiel in der ganzen Saison", sagte Barca-Coach Ronaldo Koeman. Nur Erfolgserlebnisse wie dieses können von der veritablen Führungskrise im Club ablenken und die gereizte Stimmung kitten.
In Turin setzte sich Barcelona gegen den italienischen Meister dank der Tore von Ousmane Dembele (14.) und Lionel Messi (91./Elfmeter) durch. Juventus musste ohne Superstar Cristiano Ronaldo auskommen, da der Portugiese nach Abgabe mehrerer positiver Coronavirus-Tests nicht einsatzberechtigt war. "Es war ein wichtiger Sieg gegen einen europäischen Topclub, und wir waren in der Lage, den Fußball zu spielen, den wir uns vorstellen", fand Koeman im Anschluss.
Bartomeu trat zurück
Noch am Dienstagabend hatte der plötzliche Rücktritt von Präsident Josep Maria Bartomeu den Club in neue Turbulenzen gestürzt. Der ungeliebte Unternehmer, der sich vor allem mit Superstar Messi überworfen hat, wollte mit diesem Schritt einem möglichen Misstrauensvotum entgehen, das für den 1. und 2. November angesetzt war. Bis zur Wahl eines neuen Vorstands wird der Traditionsclub nun von einer Art Übergangskabinett regiert, dessen Befugnisse sich auf repräsentative Aufgaben und die notwendigsten Abläufe beschränken. Interimspräsident ist Carles Tusquets.
Wie lange dessen Funktionsperiode dauern wird, ist nicht klar. Die Neuwahl müsse innerhalb der nächsten drei Monate geschehen, teilte Barcelona am Mittwoch lediglich mit. Sieben Personen haben bereits ihre Kandidatur für den Chefsessel angekündigt, darunter Ex-Präsident Joan Laporta und Victor Font, der Spieler-Ikone Xavi Hernandezals Trainer installieren will.
Bis der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Bartomeu wirklich handlungsfähig ist, wird aber noch zusätzlich Zeit vergehen. Vor dem Jänner-Transferfenster sind das nicht die besten Voraussetzungen für ein koordiniertes, strategisch durchdachtes Vorgehen des Clubs.
"Es beeinträchtigt uns nicht"
Trainer Koeman wollte sich am Mittwochabend aber nicht mit den Vorgängen in der Führungsetage beschäftigen. "Es beeinträchtigt uns nicht, und es beunruhigt mich nicht", meinte der Niederländer, der in den 1990er-Jahren als Spieler bei Barca erfolgreich war. "Wir stecken unsere ganze Energie in den Fußball." Darüber hatte der 57-Jährige einiges zu erzählen: "Wir waren heute überlegen und haben unser Spiel gespielt. Es war das richtige Resultat."
Sergi Roberto pflichtete dem Coach bei. Die Verwerfungen um Bartomeu seien "Vergangenheit, wir konzentrieren uns auf unseren Job", sagte der Außenverteidiger. "Die beste Antwort war das heutige Spiel. Wir wollen Titel und Spiele gewinnen, das haben wir heute gezeigt." In der heimischen Liga hinken die Blaugrana diesem Anspruch aber hinterher, haben keines ihrer vergangenen drei Matches gewonnen. Zuletzt setzte es eine 1:3-Heimniederlage gegen den Erzrivalen Real Madrid.
Pirlo zufrieden
Juventus-Trainer Andrea Pirlo zollte Barcelona dennoch großes Lob. "Sie sind weiter als wir. Wir sind ein Team, das gerade erst entsteht. Mit Spielern, die teilweise erst ihr zweites Champions-League-Spiel gemacht haben", sagte der Weltmeister von 2006. Seine Truppe hat in der "Königsklasse" nun ein Spiel verloren, eins gewonnen. In der Serie A gab es in vier Begegnungen auf dem Rasen drei Unentschieden (dazu eine 3:0-Strafverifizierung gegen Napoli; Anm.) "Wir bemühen uns alle, dass wir uns verbessern und schnellstmöglich auf eine Stufe mit Teams wie Barcelona kommen", ergänzte Pirlo.