Österreichs Fußball-Teamspieler haben in ihrer Einschätzung des 1:0-Erfolgs in Nordirland das Glas halbvoll gesehen. Nicht die enttäuschende Leistung nach dem Seitenwechsel samt beinahe kassiertem Ausgleich stand in der Analyse der Sonntag-Partie in Belfast im Mittelpunkt, sondern der gelungene Auftritt in der ersten Hälfte.
Kapitän Julian Baumgartlinger war von den ersten 45 Minuten regelrecht begeistert. "Wir hatten eine extrem starke erste Hälfte mit unglaublichen Chancen. Das war eine unserer besten Hälften seit sehr, sehr langer Zeit", betonte der Leverkusen-Profi. Es bleibe aber ein Wermutstropfen. "Was wir uns vorwerfen müssen ist, dass wir nicht mehr Tore gemacht haben."
Nach der Pause habe es zwar einen Rückfall gegeben, "doch bis auf die Chance der Nordiren am Schluss war das eine ziemlich runde Leistung von uns". Dieser Ansicht schloss sich auch der als Linksverteidiger in einer Viererkette aufgebotene David Alaba an. "Speziell in der ersten Hälfte haben wir ein sehr gutes Spiel gezeigt, nur leider viele Chancen liegengelassen."
Der Bayern-Profi merkte aber auch an: "Wir sind natürlich happy mit dem Erfolg, doch sicher gibt es Sachen, die wir besser machen müssen. Wir sind in der zweiten Hälfte hektischer geworden." Das Wichtigste seien jedoch die drei Punkte und der Sprung auf Platz eins. "Doch das ist nur eine Momentaufnahme, wir haben unser Ziel noch nicht erreicht", warnte der Wiener.
"Hätten führen müssen"
Teamchef Franco Foda hob ebenfalls den gelungenen Auftritt in der ersten Hälfte hervor. "Da hatten wir ein sehr gutes Positionsspiel und Pressing. Wir hätten 2:0 oder 3:0 führen müssen", erklärte der Deutsche. "Unser einziges Manko war, dass wir unsere vielen Chancen nicht genützt haben."
Die Rechnung dafür hätten die Österreicher fast in der 92. Minute präsentiert bekommen, als ein Schuss von Liam Boyce nach einem schnell abgespielten Freistoß und einer Unachtsamkeit der ÖFB-Defensive nur haarscharf am langen Eck vorbeiflog. Dennoch relativierte Foda: "In der zweiten Hälfte haben wir etwas die Spielkontrolle verloren, wir waren in den Umschaltmomenten zu unpräzise. Aber der Gegner hatte bis auf diese Szene keine große Chance, wir waren defensiv kompakt."
Der Nationaltrainer betonte, er habe der Mannschaft zur Halbzeit nicht die Anordnung gegeben, zurückhaltender zu agieren. "Wir wollten uns nach der Pause nicht zurückfallen lassen, sondern weiterhin vorne Druck ausüben, aber der Gegner hat dann mehr mit langen Bällen operiert und wir hatten dadurch Probleme."
Dank des vierten Sieges in Folge über Nordirland übernahm Fodas Truppe Platz eins vor den punktegleichen Norwegern, die trotz des besseren Torverhältnisses aufgrund des verlorenen direkten Duells hinter dem ÖFB-Team aufscheinen. Die Spitzenposition muss am Mittwoch in Ploiesti gegen die zwei Zähler zurückliegende rumänischen Auswahl verteidigt werden.
Matchwinner Gregoritsch
Matchwinner für Alaba und Co. war diesmal Michael Gregoritsch mit seinem Goldtor in der 42. Minute. "Es ist etwas ganz Besonderes, für das Nationalteam zu treffen. Dass wir dann noch 1:0 gewonnen haben, ist umso schöner", meinte der Steirer nach seinem vierten Tor im 21. Länderspiel.
So wie seine Kollegen beklagte auch Gregoritsch die mangelnde Kaltschnäuzigkeit in der ersten Hälfte, als alleine Christoph Baumgartner zwei Hochkaräter ausließ. "Das ärgert mich, mindestens einer muss drin sein. Doch das gehört im Sportlerleben dazu, dass nicht alles funktioniert", meinte der Hoffenheim-Legionär.
Am Mittwoch will Baumgartner beim Match gegen Rumänien sein Visier besser einstellen. "Ich werde versuchen, es in Rumänien besser zu machen und einen reinzuhauen. Wir wollen dort wieder drei Punkte holen und bis zum Ende Tabellenführer bleiben", kündigte der 21-jährige Niederösterreicher an.
Ilsanker mit Fragezeichen
Während Baumgartner in Ploiesti wohl wieder beginnen dürfte, scheint hinter dem Einsatz von Stefan Ilsanker noch ein Fragezeichen zu stehen. Der Leipzig-Profi hat schon seit Tagen mit Nackenproblemen zu kämpfen, die sich im Match gegen Nordirland verschlimmerten. "Mal schauen, wie ich schlafe, aber es wird schon werden", vermutete der Salzburger nach dem Schlusspfiff.
Auch Aleksandar Dragovic verließ den Rasen des Windsor Park mit Schmerzen - das Auge des Innenverteidigers war nach einem Zweikampf stark geschwollen. Der Leverkusen-Kicker zeigte sich hart im Nehmen. "So etwas gehört eben zum Fußball dazu", meinte Dragovic, der nun bei 83 Länderspielen hält und als Achter der ewigen Rangliste mit Herbert Prohaska gleichzog. Auf den viertplatzierten Karl Koller fehlen dem 29-Jährigen nur noch drei Einsätze.