Am Donnerstag erhielt der ÖFB Post von höchster Stelle. In einem auch an alle anderen 210 Mitgliedsverbände ausgesandten Mail meldete sich der seit einer Woche mit einem Strafverfahren konfrontierte FIFA-Präsident Gianni Infantino zu Wort, um sich einerseits als frommes, rein dem Fußball verpflichtetes Unschuldslamm und andererseits als Kämpfer zu geben, Letzteres natürlich auch in eigener Sache.

Er habe nichts Böses getan und die Gerechtigkeit werde am Ende siegen, teilte der Schweizer in dem über den gesamten Globus verteilten Schreiben mit. Es gehe um die FIFA, eine „Organisation, die wir alle vertreten und verteidigen müssen“, versucht der in die Enge getriebene Chef des Weltverbandes die totale Vereinnahmung. „Diese Situation motiviert mich nur noch mehr, den Fußball in Zukunft noch besser zu machen.“

Am vergangenen Freitag hatte der in der Schweiz eingesetzte außerordentliche Staatsanwalt Stefan Keller ein Strafverfahren gegen Infantino eingeleitet. Es geht um geheime Treffen mit dem Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber mit dem Verdacht auf Amtsmissbrauch und Begünstigung.

Nun könnte die Ethikkommission aufgrund des Strafverfahrens den Präsidenten bis zum Ende der Ermittlungen suspendieren, was dem Ende der Karriere des Fußball-Allmächtigen gleichkommen würde. Allerdings wurde das an sich unabhängige Gremium 2017 mit Vertrauensleuten Infantinos besetzt. Mit der seit damals amtierenden und für die Einleitung eines Ethikverfahrens zuständigen Vorsitzenden, der Kolumbianerin Claudia Maria Rojas, ist der Schweizer auf Du und Du. Ob es unter diesen Umständen zu einer Untersuchung kommt, ist zumindest fraglich. Unter den vor drei Jahren von Infantino abgesetzten Vorgängern Cornel Borbely und Hans-Joachim Eckert würde dies wohl anders verlaufen. Sie hatten 2015 FIFA-Chef Joseph Blatter und UEFA-Boss Michel Platini suspendiert und nach Ende des Verfahrens für acht Jahre gesperrt.