Die Bezeichnung ist völlig unverdächtig und vielleicht hat sie deswegen bisher alle Zeiten überdauert und alle Viren überlebt. IFAB nennt sich das Gremium, tritt nicht wirklich offensiv in Erscheinung, amtiert aber wie ein Geheimbund. IFAB fungiert als oberster Wächter des Fußballs und nennt sich ausgeschrieben "International Football Association Board". Wörtlich übersetzt würde dies heißen: "Vorstand des Internationalen Fußballverbandes".
Das bedeutet im Grunde also gar nichts, doch dahinter verbirgt sich ein sehr kleiner elitärer Kreis, der nichts weniger bestimmt als die Regeln des globalen Kicks. Nun wird wieder einmal über eine Erneuerung diskutiert. Die Taktik liegt auf der Hand und folgt auf dem Fuß. Zunächst wird die Öffentlichkeit gezielt in kleinen Dosen bearbeitet, um sodann die Reaktionen auf die Information auszutesten. Und dann folgt die konkrete Handlung. Wenn der Fußball nach Corona den Menschen wieder beglücken darf, sollen fünf Auswechslungen möglich sein.
Das macht aus zweierlei Gründen durchaus Sinn. Erstens dürften die nationalen Ligen, getrieben von der Terminplatzangst, viele englische Wochen, also zwei Runden in sieben Tagen, einplanen, zweitens war die lange Trainingspause der Fitness der Profis gewiss nicht förderlich. Demnach würde diese Maßnahme der Schonung der wertvollen Fußballerbeine dienen.
Austausch erst seit 1967 möglich
Die Geschichte des Austauschs von Spielern ist eigentlich gar keine so wechselvolle. Bis 1967 mussten die elf Gestarteten bis zum Ende ausharren, auch wenn dieses sehr bitter war. Das führte zu fast tragischen Vorfällen, wie etwa im Viertelfinale der WM 1954 zwischen Österreich und Gastgeber Schweizer, als der rot-weiß-rote Torhüter Kurt Schmied in der Hitzeschlacht von Lausanne nach einem Sonnenstich nur durch den als Souffleur agierenden Masseur mitbekam, wohin der Ball kommen könnte. Der Bedauernswerte konnte sich später an den 7:5-Sieg nicht erinnern.
Eine Saison lang gab es die Möglichkeit eines Wechsels (1967/68), von 1968 bis 1995 waren zwei Wechsel erlaubt und seither sind es drei. Im vergangenen Jahr unterbreitete der ominöse IFAB den nationalen Verbänden das Angebot, ab der jeweils zweiten Liga vier Auswechslungen vornehmen zu können. Die Schweiz machte umgehend Gebrauch davon, Österreich ist laut Generalsekretär Thomas Hollerer am Überlegen.
Dies könnte angesichts der jüngsten Entwicklung aber ohnehin bald obsolet werden. Dass die Neuigkeit zuerst von britischen Medien ausgestreut wurde, ist übrigens kein Zufall. Der die Entscheidung in allen Fußballregelfällen treffende IFAB besteht aus Vertretern der Verbände von England, Schottland, Wales und Nordirland. Dies hat sich seit dessen Gründung im Jahr 1886 nicht geändert. Weitere vier Stimmen kommen immerhin schon seit 1913 vom Weltverband, also der FIFA.
Ein halber Infantino
Angeblich berät im Hintergrund ein vierköpfiges Komitee der FIFA über die jeweils anstehenden Änderungen, um nach gemäß offizieller Lesart Gleichstand mit den vier britischen Stimmen herzustellen. In Erscheinung tritt dann jedoch lediglich gemäß den steinzeitdemokratischen Bestimmungen der Präsident höchstselbst, also der allmächtige Gianni Infantino.
Der heuer 50 Jahre als gewordene Walliser repräsentiert die vier FIFA-Stimmen. Erreicht der Vorschlag der Regeländerung eine Dreiviertelmehrheit, tritt sie in Kraft. Das heißt zwar, dass die FIFA, also Infantino mindestens zwei britische Votings benötigt. Allerdings ist das vierköpfige Mutterland machtlos, wenn nicht zumindest zwei FIFA-Stimmen dazukommen, also gewissermaßen ein halber Infantino.
Warum sich der bescheidene Rest der Fußballwelt eine derartige Vorgangsweise gefallen lässt, erscheint dem Beobachter ebenso untergründlich wie unverständlich. Orban und Erdogan können sich vom FIFA-Chef noch einiges abschauen.