Die österreichischen Fußballherren haben öffentlich noch nicht bekannt gegeben, auf welche Seite sie sich schlagen werden. Aber es wird nicht mehr entscheidend sein, denn hinter den Kulissen hat sich dem Vernehmen nach längst eine Mehrheit für einen neuen UEFA-Präsidenten formiert. Wenn die Wahlberechtigten heute bei der offiziellen Abstimmung anlässlich eines außerordentlichen Kongresses in Athen nicht wie die Dominosteine umfallen, wird künftig der Slowene Aleksander Ceferin den mächtigsten kontinentalen Fußballverband anführen.

Schon vergangene Woche hatten sich, wie aus Insiderkreisen verlautete, mindestens 28 der 55 Mitgliedsverbände hinter den Laibacher Anwalt gestellt. Das würde bereits genügen, denn für den Zuschlag reicht die einfache Mehrheit und Ceferin hat nur einen Gegenkandidaten. Der Niederländer Michael van Praag geht aber nach dem knapp dreimonatigen Wahlkampf als praktisch chancenloser Außenseiter ins Rennen. Schon vergangene Woche hatte der ursprünglich als dritter Anwärter aufgestellte Spanier Angel Maria Villar Llona das Handtuch geworfen.

Starker Rückhalt

Ceferin wird zwar als Kandidat der kleinen Fußballnationen gehandelt, doch ist es dem 48-jährigen Slowenen inzwischen gelungen, auch zahlreiche große Verbände auf seine Seite zu ziehen. Dabei handelt es sich um Frankreich, Russland, Italien und vor allem Deutschland. Dazu kommen weite Teile des Ostens sowie fast der gesamte Norden. Van Praag kann bisher lediglich mit den Stimmen von England, Belgien, Island und seinem Verband rechnen.

Der 68-jährige Niederländer gilt als Vertreter des eigentlich überholten Systems, wie auch einem Schmankerl aus dem UEFA-Schattenreich zu entnehmen ist. Van Praag hatte nämlich seinem Konkurrenten einen Deal „alter Schule“ angeboten. Der Niederländer schlug Ceferin laut Informationen aus UEFA-Kreisen vor, selbst die ersten zwei Jahre bis zu seinem 70er zu regieren und ihm dann für die zweite Hälfte der Legislaturperiode das Amt zu überlassen. Der Slowene lehnte dies freilich ab. Auch auf die von einem Mitglied des Exekutivkomitees erhobene unverhohlene Forderung, sich für eine entsprechende Gegenleistung zurückzuziehen, ließ sich Ceferin natürlich nicht ein.

Van Praag lebt wiederum mit dem Makel, jener UEFA-Exekutive anzugehören, die erst vor zwei Wochen die umstrittene Champions-League-Reform beschloss, die den großen Verbänden noch mehr Fixplätze und mehr Geld verheißt. Die Wahl ist überfällig, nachdem Ex-Präsident Michel Platini im vergangenen Herbst von der FIFA-Ethik-Kommission wegen einer dubiosen Zahlung von Ex-FIFA-Boss Joseph Blatter in Höhe von zwei Millionen Schweizer Franken suspendiert worden war. Der 61-jährige Franzose darf aber heute als Redner auftreten.

Vorwürfe abgewiesen

Inzwischen wird Ceferin (wohl aus den Kreisen des alten Systems) schon vorgeworfen, sich Stimmen mit diversen Versprechungen gesichert zu haben, aber der Slowene weist dies energisch zurück. „Ich kann niemandem etwas versprechen“, meinte er gegenüber der Kleinen Zeitung. Außerdem habe keiner irgendwelche Wünsche oder gar Forderungen geäußert. Das Versprechen, die UEFA wirklich transparent zu machen, und vor allem seine eigene wirtschaftliche Unabhängigkeit zählten zu seinen entscheidenden Trümpfen.