Geht es nach der Papierform, gehen die Belgier heute in Toulouse als Sieger aus dem Duell gegen Ungarn hervor. Die „Roten Teufel“ werden noch immer als Geheimfavorit gehandelt, Österreichs Nachbarn hatte kein Experte als Teilnehmer im Achtelfinale auf dem Zettel. Daher denken die Belgier schon viel weiter, denn alles andere als ein Weiterkommen wäre für den Weltranglisten-Zweiten eine Enttäuschung. „Mit unserem Talent müssen wir mindestens ins Halbfinale kommen“, tönte etwa Belgiens Radja Nainggolan. Ähnlich kommentiert es Torhüter Thibaut Courtois: „Es ist die Chance unseres Lebens. Auf unserem Ast treffen wir bis zum Finale auf keine Topnationen.“
Auch Belgiens Teamchef Marc Wilmots sieht in den Ungarn „einen unattraktiven Gegner. Ehrlich gesagt spiele ich lieber gegen Mannschaften wie England und Spanien.“ Warnend den Finger hebt hingegen Eden Hazard: „Sie wurden nicht umsonst Gruppensieger. Wir müssen sie sehr ernst nehmen, weil sie immer 200 Prozent geben.“
Für die Ungarn begann mit dem Einzug in die K.o.-Phase ein „Sommermärchen“. Und die Truppe um Kult-Keeper Gabor Kiraly will die Erfolgsgeschichte – auch mithilfe ihrer Tausenden Schlachtenbummler – weiterschreiben. Im Land träumen die Menschen schon von der „guten alten Zeit“, als die „goldene Mannschaft“ der 1950er- und 1960er-Jahre Vizeweltmeister (1954), dreimal Olympiasieger (1952, 1964, 1968) und EM-Dritter (1964) wurde. Geht es nach Teamchef Bernd Storck, werden „alle Fußball-Fans in Ungarn bald auch von dieser Truppe so reden wie von ihren großen Vorgängern“.
Immer gesteigert
Der Deutsche kann erklären, warum das so sein soll: „Meine Mannschaft hat sich in jedem Spiel gesteigert. Sie zeigt einfach eine sensationelle Leistung. Ich bin überzeugt, wir können es noch besser als beim 3:3 gegen Portugal. Da ließen wir Cristiano Ronaldo zu viel Raum. Belgien hat zum Glück keinen Ronaldo.“
Aber dafür einen Nainggolan. Der Roma-Legionär mit dem Irokesenschnitt genießt im Team ein besonderes Privileg: Er hat ein Zimmer mit Balkon. „Ninja raucht als Einziger. Der braucht den Balkon, damit der Rauchmelder im Zimmer nicht angeht“, sagt Teamchef Wilmots, „wenn ich versuchen würde, ihn davon abzuhalten, fünf oder sechs Zigaretten am Tag zu rauchen, würde er wahrscheinlich sein Zimmer auseinandernehmen.“
Die Ungarn auseinanderzunehmen haben sich die „Red Devils“ fest vorgenommen. Der direkte Vergleich spricht für sie. Von fünf Partien haben sie drei gewonnen, nur einmal verloren. Das letzte Duell datiert aus dem Jahr 2009, da gewann Belgien 3:0. Im Viertelfinale wartet auf den Sieger ein EM-Debütant: Wales oder Nordirland.