Deutschland ist eine Turniermannschaft. Das ist die älteste Erkenntnis, seit es „Die Mannschaft“ gibt und ein Stereotyp, das durch die Realität immer wieder aufs Neue bestätigt wird. Aber warum ist das so? Warum schaffen es unsere nördlichen Nachbarn immer wieder, sich während eines fußballerischen Großereignisses kontinuierlich zu steigern, auf den Punkt in Form zu sein und am Ende (oft) als Sieger dazustehen?
Nehmen wir etwa die aktuelle Europameisterschaft. In der Qualifikation setzte es Pleiten gegen Polen und Irland – und trotzdem standen die Deutschen am Ende als Gruppensieger da. In der Gruppenphase in Frankreich konnten die Mannen von Jogi Löw spielerisch auch nicht überzeugen, gingen aber nach einem 2:0 gegen die Ukraine, einem 0:0 gegen Polen und einem 1:0 über die Nordiren erneut als Gruppensieger hervor.
Deutsche Tugenden
Heute (18 Uhr) wartet in Lille im Achtelfinale die Slowakei – alles andere als ein klarer Sieg der Löw-Elf wäre eine Sensation. Weil die deutsche Fußballmaschinerie schon wieder angelaufen ist. Weil, je ernster es wird, die deutschen Tugenden immer mehr zu greifen beginnen. Unbrechbarer Zusammenhalt, physisch robust, unglaublich willensstark und erst bezwungen, wenn die Spieler tatsächlich mit hängenden Köpfen im Bus sitzen.
Apropos Mannschaft – die ist bei den Deutschen immer der Star. Da gibt es keinen Cristiano Ronaldo, keinen Zlatan Ibrahimovic und keinen Gareth Bale – da gibt es also keinen Einzeltäter, keinen alle anderen in den Schatten stellenden Überdrüberwuzzi. Nein, da gibt es elf gleichgestellte Spieler, die sich im Laufe eines Turniers stetig zu einem immer besser funktionierenden großen Ganzen zusammenschweißen.
Keine „Hurra-Schreie“
Dass Tormann Manuel Neuer nun vor dem Spiel gegen Außenseiter Slowakei vor voreiligen „Hurra-Schreien“ warnt, ist legitim. Aber die Fakten sprechen eine andere Sprache. Erstmals seit 1996 bei der EM in England haben die Deutschen in der Vorrunde kein Tor kassiert. Was folgte, ist bekannt: Die DFB-Elf dribbelte sich auf der Insel zu ihrem dritten und bislang letzten EM-Titel. Dabei wurde Deutschland damals nicht wirklich als Titelkandidat gehandelt – doch das kann einer Turniermannschaft egal sein . . .