Der Weg zum Trainingsgelände führt über einen mit Schlaglöchern übersäten Feldweg. Dort angekommen, sucht man vergeblich nach einem richtigen Fußballplatz. Trainer Thierry Laurey steht nur ein halbes Spielfeld zur Verfügung, an ein Übungsspiel "elf gegen elf" ist nicht zu denken. Aufsteiger Gazélec Ajaccio startete unter abenteuerlichen Bedingungen in Saison der französischen Ligue 1.

"Ich erhalte oft Anrufe von Spielervermittlern, die Mitleid mit uns haben. Aber die Schecks, die sie aufrufen, können wir nicht ausstellen", sagt Sportdirektor Christophe Ettori. Wer spielt schon für 20.000 Euro brutto im Monat für einen Erstligisten? Dementsprechend klein ist auch der Kader.

"Viel Arbeit und große Probleme"

Mittelfeldspieler David Ducourtioux tut es. Der 37-Jährige nimmt die besonderen Gegebenheiten beim korsischen Klub mit Humor. "Hier kannst du besser fischen und jagen als trainieren", sagt er: "Und wer hat schon einen Präsidenten und einen Sportdirektor gesehen, die auf Knien den Rollrasen verlegen?"

Ettori und Klub-Boss Olivier Miniconi legten beim neuen Untergrund tatsächlich selber Hand an. "Es gibt viel Arbeit und große Probleme", sagt Miniconi, der mehrere Bäckereien auf der Insel besitzt. Der Verein ist aber stolz auf das Erreichte. Gazélec spielte vor zwei Jahren noch in der 3. Division, bevor ein bemerkenswerter Siegeszug und letztlich sogar der Aufstieg in die höchste Klasse gelang.

Die Hoffnung auf den Klassenerhalt lebt

Eine kleine Hoffnung auf den Klassenerhalt ist eine Regeländerung im Land des EM-Gastgebers 2016: In der neuen Saison steigen nur zwei statt drei Klubs aus der 20 Vereine umfassenden Liga ab. Dennoch wird Ajaccio mit einem Mini-Etat von 13,8 Millionen Euro als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt. Das Stadion mit 6000 Plätzen wirkt neben den großen Arenen in Marseille, Paris und Lyon wie ein größerer Dorfplatz. Immerhin: Früher musste der Verein das gemeinsame Trainingsgelände räumen, wenn die Profis vom AC Ajaccio mit ihrer U17 üben wollten.

Dabei hat der Klub schon eine gewisse Tradition. Unter verschiedenen Namen existiert er seit über 50 Jahren. Der aktuelle Name geht auf frühere, inzwischen privatisierte Staatsunternehmen zurück, die immer noch Sponsor sind: Gaz de France und Électricité de France.

Tiefe Kluft zwischen Paris und Ajaccio

Das Erstliga-Abenteuer hat am Samstag bei ESTAC Troyes. immerhin mit einem Punktgewinn begonnen. Das Team von Trainer Laurey erkämpfte sich ein 0:0. Titelverteidiger Paris St. Germain eröffnete die Spielzeit ohne Superstar Zlatan Ibrahimovic am Freitag beim OSC Lille und gewann mit 1:0. Der Schwede fehlt mit einer Knieverletzung.

Zum ersten von zwei ungleichen Duellen zwischen Gazélec und dem Meister kommt es bereits eine Woche später im Pariser Prinzenpark - zum Vergleich: das Gesamtbudget der Korsen würde nicht ausreichen, um das Jahresgehalt des großen Schweden zu bezahlen.

(SID)