Für Aleksandar Dragovic ist aber auch ein weiteres Jahr bei Dynamo Kiew eine taugliche Alternative. Der ukrainische Fußball-Meister ist für die Gruppenphase der Champions League gesetzt.
Dragovic' Vertrag in Kiew läuft noch bis 2018. Derzeit bereitet er sich mit seinem Team in Leutasch bzw. Seefeld in Tirol auf die neue Saison vor. Im Interview mit der APA sprach der Verteidiger über die Chancen des ÖFB-Teams bei der greifbar nahen EM 2016 in Frankreich, seinen neuen deutschen Manager und die Qualitäten, die ein möglicher neuer Arbeitgeber mitbringen müsste.
Sie haben mit Dynamo Kiew im Vorjahr in der Ukraine alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Wie reizvoll ist die Aufgabe für die kommende Saison?
Dragovic: "Wir haben diese Aspekte schon in der Mannschaft besprochen. Wir wollen Meistertitel und Cup verteidigen, aber wir haben uns auch vorgenommen, mehr Tore zu schießen und weniger zu bekommen. Ich bin überzeugt, dass in der Mannschaft noch viel Potenzial steckt. Auch in der Champions League ist einiges möglich. Dass wir sie nicht gewinnen, ist klar, aber wir werden sicher kein Kanonenfutter sein. Einige Teams werden sicher nicht glücklich sein, wenn sie uns als Gegner bekommen."
Welche Voraussetzungen müsste ein anderer Arbeitgeber mitbringen, um attraktiver zu sein als dieses Paket?
Dragovic: "Jeder träumt von einem Topclub, ich auch. Aber ich bin Angestellter bei Dynamo Kiew. Solange nichts auf dem Tisch liegt, beschäftige ich mich nicht damit. Wenn etwas auf dem Tisch ist, werde ich es mir anschauen."
Was ist Ihnen bei Ihrer Clubwahl wichtig?
Dragovic: "Ich schaue nicht so auf die Städte, Basel und Kiew sind ja auch keine Metropolen. Wichtig ist, dass man spielt, oder zumindest realistische Chancen hat, zu spielen. Aber jetzt bin ich bei Kiew. Mit Gerüchten und Spekulationen in den Medien beschäftige ich mich nicht so. Ich konzentriere mich hundertprozentig auf meinen Verein und versuche, dort so gut wie möglich zu arbeiten."
Mit Thomas Kroth haben Sie einen renommierten neuen Manager. Warum haben Sie sich für ihn entschieden und was macht ihn aus?
"Das Management-Business ist, das kann man sagen, ein dreckiges Geschäft. Er ist Deutscher, sehr ehrlich, es hat von Anhieb gepasst. Am Wichtigsten ist mir die Ehrlichkeit. Man kann es mir ins Gesicht sagen, einmal ein schlechtes Spiel gemacht zu haben. Aber mir vorzufantasieren, ich bringe dich dorthin und dorthin, davon habe ich nichts. In der Vergangenheit habe ich bei den Managern falsche Entscheidungen getroffen. Aber bei Thomas Kroth passt es. Ich hoffe, dass ich mit ihm zusammenarbeiten kann, solange ich Fußball spiele."
Das ÖFB-Team wird in der FIFA-Weltrangliste am Donnerstag so gut platziert sein wie noch nie. Was macht Sie zuversichtlich, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist?
"Zuversichtlich macht mich, dass wir alle noch nicht 35 sein. Wir sind jung, können uns alle noch entwickeln. Wir brauchen jetzt nicht zu glauben, dass wir die Unglaublichen sind, die Stars. Aber wir haben den nächsten Schritt geschafft, uns in eine gute Ausgangsposition für die EM gebracht. In der einen oder anderen Partie war vielleicht auch ein bisschen Glück dabei, aber das kommt nicht von ungefähr. Wir arbeiten alle gut im Nationalteam."
Welchen Anteil hat Teamchef Marcel Koller daran und wie wichtig wäre es, dass er dem Team auch nach der EURO 2016 erhalten bleibt?
"Sicher hat Herr Koller einen Umschwung reingebracht. Am Ende des Tages sind es zwar die Spieler, die seine Vorgaben auf dem Platz umsetzen, aber die Harmonie passt perfekt. Er passt perfekt zum Nationalteam. Im Endeffekt müssen andere die Entscheidung treffen, nicht ich. Ich würde mir wünschen, dass er bleibt. Es wird auch von uns abhängen, wieviel Potenzial er sieht. Aber machen wir Schritt für Schritt. Zuerst müssen wir die EM-Quali schaffen und die EM spielen, dann sehen wir weiter."
Inwiefern trauen Sie dem Team zu, nach einer erfolgreichen Qualifikation auch in Frankreich eine wichtige Rolle zu spielen?
"Wir haben eine gute Ausgangsposition. Ich hoffe, dass sich jeder weiterentwickelt. Wenn wir uns so weiterentwickeln wie bisher, dann ist sicher auch bei der EM einiges möglich. Man braucht auch ein bisschen Losglück. Wenn man schon eine Hammergruppe erwischt, wird es hart. Aber wenn wir eine gute Leistung bringen, klar haben wir dann Möglichkeiten."
Welche Rolle spielt die EM Ihre persönlichen Zukunftsentscheidungen betreffend?
"Eigentlich gar keine. Es ist unser größtes Ziel und auch mein Ziel, da dabei zu sein. Es ist ein Kindheitstraum für jeden. Wenn ein Club kommt und alles passt, spielt es aber keine Rolle. Dann werde ich dorthin gehen. Im Moment konzentriere ich mich aber voll auf heute. Wir haben mit Kiew ein schönes Jahr vor uns."
Was ist das Wichtigste, das Sie in Kiew noch lernen können?
"Wir haben einen super Trainerstab. Wir wissen, dass es nicht leicht wird in der Champions League. Aber das ist auch für mich eine Herausforderung. Ich war schon ein paar Jahre nicht dabei. Es ist ein Traum, gegen diese Clubs Routine zu bekommen. Es ist etwas Anderes, gegen die Bayern zu spielen oder gegen Hinterblattlstetten. Es geht darum, keine Fehler zu machen. Aber wir müssen den Ball flach halten. Zuerst ist nächste Woche der Supercup und dann beginnt die Meistschaft, das ist das tägliche Brot."
Sie sind in der Endphase der Vorbereitung. Worauf haben Sie besonderen Wert gelegt?
"Ich habe auch im Urlaub jeden Tag trainiert. In den zwei Wochen, die wir gehabt haben, kann man sich sowieso nicht ganz regenerieren. Und in zwei Wochen Vorbereitung kann man auch nicht bei 100 Prozent sein. Daher war es mein Hauptziel, mich körperlich fit zu machen. Ich denke, ich bin auf einem guten Weg."
Ihr ÖFB-Teamkollege Marc Janko hat den Sommer zu einem Wechsel zum FC Basel genutzt. Was macht Ihren Ex-Club aus?
"Ich freue mich riesig für ihn. Jeder, der eine Ahnung vom Fußball hat, weiß, wie gut dieser Club ist. Sie haben eine sehr gute Nachwuchsarbeit, immer Talente hochgebracht und auch ein gutes Scouting. Es sind viele Faktoren. Mich begeistert, wie sehr der Club hinter einem steht. Wenn es Probleme gegeben hat, waren sie immer für dich da. Mein Opa hat jeden Tag beim Training zugeschaut, da ist auch der Präsident zu ihm gekommen und hat ihm die Hand gegeben. Das gibt es im Fußball nicht oft."
Dynamo sind alle wichtigen Spieler erhalten geblieben.
"Ich bin froh, dass die Mannschaft noch gleich ist. Und ich hoffe, dass sie zusammenbleibt. Es macht sehr viel Spaß und die Ziele sind hoch gesteckt. Aber man weiß nie, das Transferfenster läuft noch zwei Monate, da kann immer noch etwas passieren."
Wie ist das bei Ihnen selbst? Wie blicken Sie Ende August entgegen?
"Im Moment lässt mich das komplett kalt. Wenn etwas kommen sollte, dann werden wir sehen. Ich mache mir da aber überhaupt keinen Stress."