Der FC Bayern sorgt immer für Spektakel, so turbulent wie in der abgelaufenen Saison ist es aber auch in München selten. Die vergangenen Monate bescherten Christoph Freund einen spannenden und lehrreichen Einstieg als Sportdirektor des deutschen Fußball-Rekordmeisters. Mit der Bestellung von Vincent Kompany als neuen Trainer sieht der Salzburger ein „bisschen Neustart“ bei den Bayern.

Die Bayern wurden nach elf Jahren von Bayer Leverkusen als Meister abgelöst, kündigten im Februar die Trennung von Trainer Thomas Tuchel mit Saisonende an und handelten sich in den vergangenen Wochen ungewohnt viele Absagen bei der Trainersuche ein. Mittendrin in den Diskussionen war Freund, der im September von Red Bull Salzburg nach München gewechselt war.

„Ich habe gewusst, es wird nicht langweilig bei Bayern. Es ist sehr viel passiert, wir haben sportlich nicht so abgeschnitten, wie wir uns das vorgestellt haben. Die Bayern sind in unruhigen Gewässern, es gab viele Veränderungen, im Management, beim Trainer, in der Mannschaft. Es war ein sehr interessantes und lehrreiches Jahr. Turbulent, aber sehr schön“, erklärte Freund bei einem Zoom-Gespräch im Rahmen der Tagung von Sports Media Austria am Freitag in Saalbach-Hinterglemm. Dort findet von 4. bis 16. Februar 2025 im Übrigen die alpine Ski-WM statt – und das vielleicht auch mit Beteiligung des begeisterten Skifahrers Christoph Freund. Wie er verriet, würde er gerne einmal in der Rolle eines „Rutschers“ mithelfen dafür zu sorgen, dass die Piste(n) für die Weltklasse-Läufer in Optimalzustand sind. „Das würde ich sehr gerne einmal machen“, sagte er.

Freund: „Die Flughöhe der Bayern war extrem hoch“

„Die Flughöhe der Bayern in den letzten zehn Jahren war extrem hoch. Es war fast selbstverständlich, dass die Bayern Meister werden, den Cup gewinnen und in der Champions League weit kommen“, sagte Freund. Dass nun aber eine Dürrephase kommen könnte, glaubt er nicht. Gemeinsam mit Sportvorstand Max Eberl habe er viel diskutiert, analysiert und hinterfragt, was man aus den vergangenen Monaten mitnehmen könne. „Wir haben klare Pläne für die Zukunft. Wir wollen einige Sachen anpacken und verändern, eine neue Story schreiben. Und mit frischer Energie in die neue Saison starten“, betonte er.

Umsetzen soll das der 38-jährige Kompany, der Mitte der Woche vom englischen Absteiger Burnley geholt worden ist. Man habe sich intensiv ausgetauscht, „wie wir Fußball spielen wollen, welche Spieler zur Verfügung stehen und wie wir den Kader ausrichten wollen. Wichtig, dass wir einen gemeinsamen Nenner finden. Der neue Trainer wird mit viel Energie und Hunger reinstarten. Das ist ein bisschen ein Neustart“. Ein Ziel dabei ist eine Stärke, die Freund in Salzburg gezeigt hat: Das Heranführen der Talente aus dem eigenen Campus an das Profiteam. Freund wünscht sich einen guten Mix und ist überzeugt, dass Kompany dafür der richtige Mann ist. „Er steht für diesen Weg, junge Spieler zu fördern, zu entwickeln und einzubauen.“

Der Belgier war aber nicht erste Wahl. Einer der Trainer-Kandidaten, die abgesagt haben, war Ralf Rangnick, mit dem Freund jahrelang in Salzburg zusammengearbeitet hat. Der 65-jährige Deutsche entschied sich aber, weiter als österreichischer Teamchef zu arbeiten. „Wir waren schon weit“, berichtete Freund von den Gesprächen. „Er hat natürlich überlegt, weil Bayern eben Bayern ist. Er ist seinem Herz gefolgt, wollte das Projekt nicht verlassen, wollte für die EM nicht riskieren, dass darauf ein Prozent weniger Fokus oder Energie ausgerichtet ist, weil es ihm so wichtig ist“, äußerte er Verständnis für Rangnicks Verbleib beim ÖFB-Team.

Freund zur Trainersuche: „Unglücklicher Verlauf“

Dass etwa auch Xabi Alonso und Julian Nagelsmann nicht dem Lockruf aus München gefolgt sind, führt er nicht auf eine gesunkene Attraktivität des FC Bayern zurück, „sondern auf die persönliche Situation der Trainer. Es war ein unglücklicher Verlauf“. Allerdings wären auch Absagen von Trainern kolportiert worden, „die nicht einmal gefragt worden“ sind.

Bei all den Turbulenzen in München hat Freund auch den Blick über die Grenze nicht verloren. So wie in Deutschland ist auch in Österreich eine Meisterserie zu Ende gegangen. Sein Ex-Klub Salzburg ist nach zehn Jahren als Nummer eins von Sturm Graz abgelöst worden. „Ich habe das immer wieder verfolgt“, sagte Freund und versuchte sich in einer Erklärung. „Es hat ein bisschen die Konstanz gefehlt. Zehnmal Meister, das ist keine Selbstverständlichkeit, es ist normal, dass im Laufe der Zeit wieder mal ein anderer Meister wird. Aber es bringt auch die Chance, im kommenden Jahr neue Ziele zu erreichen“, meinte Freund.

Große Ziele hat auch das österreichische Nationalteam bei der bevorstehenden EM in Deutschland. Freund traut Rangnick und seinem Team sehr viel zu: „Es ist richtig cool, wie wir Fußball spielen und wie Euphorie da ist. Es macht Spaß, den Jungs zuzusehen. Wenn sie den Flow und den Spirit mitnehmen können, können sie die EM-Überraschung sein.“