Es war ein Aufschrei im Jahr 2021. Zwölf Fußballvereine aus England, Italien und Spanien wollten die „Super League“ ins Leben rufen. 20 Vereine – 15 fix und jedes Jahr fünf abwechselnd – sollten sich in diesem internationalen Topbewerb einen Titel ausspielen. Die Super League war als Alternative zur Champions League geplant. Das Motiv der Vereine? Wie immer: Geld. Die Vermarktung der Champions League wurde nicht als ausreichend angesehen. Die meisten der zwölf Gründungs-Vereine verabschiedeten sich aber nur 48 Stunden nach der Präsentation nach massiver Kritik von Verbänden, Vereinen, Spielern und Fans wieder von der Idee.
Vonseiten der UEFA und FIFA gab es damals ganz klare Statements gegen die Super League. „Die Spieler, die in der Super League spielen, werden keine WM und EM mehr spielen können, sie werden nicht mehr ihre Nationalmannschaft vertreten können“, sagte etwa UEFA-Präsident Aleksander Ceferin. Rudi Völler, damals Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, formulierte ähnlich: „Das ist ein Verbrechen am Fußball. Wer in dieser Liga mitspielen will, muss aus allen nationalen Ligen aussortiert werden.“ Mehr noch: Aus Sicht der UEFA ist eine Gründung einer Super League nicht rechtens. Die UEFA genießt im europäischen Fußballsystem eine Monopolstellung, was die Ausrichtung internationaler Spiele betrifft.
Spanier ließen nicht locker
Und daran stoßen sich Vereine aus Europa. Vor allem Real Madrid – Präsident Florentino Perez wäre auch das Gesicht der Super League gewesen,– und Barcelona ließen nicht locker und gingen gemeinsam gegen das Monopol des Kontinentalverbandes vor. Gemeinsam mit der Sportmarketingagentur A22 klagten die beiden Vereine zuerst vor einem spanischen Gericht, welches den Fall an den Europäischen Gerichtshof weitergab. Und so wird heute im Fall C3333/21 vom Europäischen Gerichtshof über die Zukunft des europäischen Klubfußballs entschieden.
Es geht um die Frage, wer über die Spiele der Topvereine entscheiden darf. Der Vorwurf steht im Raum, dass UEFA und FIFA als Kartell handeln und ihre Position – inklusive der Möglichkeiten, Vereine aus Bewerben und Spieler aus Nationalteams auszuschließen – ausnutzen würden. Das zumindest ist die Argumentation der „Superleague Company“. Laut den Artikeln 101 und 102 der europäischen Verträge darf es in der EU keine Kartelle geben und Unternehmen dürfen kein Monopol ausnutzen.
Wichtige Entscheidung
Der Generalanwalt des EuGH Athanasios Rantos hat im Dezember 2022 in seinen Schlussanträgen der UEFA den Rücken gestärkt. Er spricht sich nicht für ein Gründungsverbot der Super League aus – sehr wohl aber dafür, dass die Klubs und Spieler der Liga nicht ohne expliziter Erlaubnis von UEFA, FIFA und den nationalen Verbänden an zwei parallel stattfindenden Bewerben teilnehmen dürfen. Rantos argumentiert mit Artikel 165 der europäischen Verträge, nach dem die EU offene und faire Wettkämpfe fördern soll. Seine Einschätzung ist rechtlich nicht bindend – in der Vergangenheit folgte der Richter aber oft der Empfehlung des Generalanwalts.
Bekommt die UEFA heute recht, ist die Super League letztlich auch rechtlich vom Tisch. Negative Konsequenzen haben möglicherweise Real Madrid und Barcelona zu erwarten: Die UEFA könnte eine Strafzahlung oder die Verbannung aus der Champions League aussprechen. Entscheidet der EuGH aber gegen die UEFA und für die „Superleague Company“, könnte das Veränderungen für das gesamte Modell des europäischen Fußballs bedeuten.
Jean-Louis Dupont, der 1995 als Anwalt das Bosman-Urteil erwirkte, hält eine Revolution für möglich. „Das Urteil hat das Potenzial, Bosman hoch zehn zu sein“, sagt er. „Diesmal geht es nicht um die Regulierung des Arbeitsmarktes, sondern um die grundsätzlichen Bedingungen, unter welchen auf dem Fußballmarkt Wettbewerbe stattfinden dürfen“, sagte Dupont.